Niederlande und Chile wollen Gastgeber-Duell vermeiden
São Paulo (dpa) - Keine Angst vor Brasilien - zumindest offiziell! Schon vor dem Gruppengipfel am Montag in São Paulo (18.00 MESZ) schrecken die Niederlande und Chile vor einem möglichen Achtelfinale gegen den Gastgeber nicht zurück.
„Ich spiele gerne gegen die Topmannschaften“, behauptete Oranje-Kampfmaschine Nigel de Jong. Und Chiles Top-Spieler Arturo Vidal erklärte einen Tag vor dem Spiel sogar: „Wenn wir Weltmeister werden wollen, müssen wir jeden Gegner schlagen.“
Beide redeten bereits über den Rekord-Weltmeister, dabei müssen die zwei fürs Achtelfinale qualifizierten Teams erstmal ermitteln, wer die Vorrunde überhaupt als Sieger der Gruppe B abschließt - und damit Brasilien aller Voraussicht nach zunächst aus dem Weg geht. Dafür reicht dem Oranje-Team ein Punkt.
Bondscoach Louis van Gaal regt jedoch zunächst einmal auf, dass das Finale der Gruppe B am Montag entgegen der Praxis an den ersten beiden Spieltagen vor dem Brasilien-Spiel stattfindet. Der Gastgeber weiß also schon bei Anpfiff seiner Partie gegen Kamerun, wer seine möglichen Achtelfinal-Gegner sind. „Das ist kein Fair Play und eine merkwürdige Entscheidung der FIFA“, kritisierte der frühere Bayern- Trainer. Er betonte aber auch: „Wir wollen Gruppenerster werden. Denn jedes Team in diesem Turnier spielt auf einem sehr hohen Niveau.“
Auch Bayern-Star Arjen Robben meinte. „Wir sollten einfach so weitermachen wie bisher.“ In Robbens kongenialem Sturmpartner Robin van Persie (Gelb-Sperre) und Verteidiger Bruno Martins Indi (Gehirnerschütterung) fehlen ohnehin schon zwei bisherige Stammspieler, mehr Veränderungen wären nicht nach seinem Geschmack. „Ich will auf jeden Fall spielen“, sagte der leicht angeschlagene Angreifer, der in Abwesenheit von van Persie das Team als Kapitän anführen wird. „Und mit Blick auf die Erfahrungen von 2006 und 2008 scheint es mir wenig Sinn zu machen, eine halbe Mannschaft auszutauschen.“
Bei der WM vor acht Jahren schonte der damalige Nationaltrainer Marco van Basten nach zwei Auftaktsiegen im letzten Gruppenspiel gegen Argentinien zahlreiche Leistungsträger - im Achtelfinale flog die Elftal gegen Portugal aus dem Turnier. Zwei Jahre später beging van Basten den gleichen Fehler und brachte sein Team damit nach starker Vorrunde erneut aus dem Rhythmus. Es folgte das Viertelfinal-Aus gegen Russland. „Ich geh deshalb nicht davon aus, dass der Bondscoach so viel wechselt“, sagte Robben.
Doch Coach Louis van Gaal steckt ein bisschen in der Zwickmühle. Neben Robben sind de Jong und Daley Blind angeschlagen, zudem sind Stefan de Vrij und Jonathan de Guzman gelb vorbelastet und würden bei einer weiteren Verwarnung im Achtelfinale fehlen. Der streitbare Bondscoach sagte dazu nur: „Ich werde mich nicht zu individuellen Spielern äußern, denn ich möchte nicht, dass der Gegner Näheres über uns erfährt.“ Das passierte am Sonntag trotzdem, denn van Gaal ließ im Abschlusstraining ein 4-3-3-System mit Robben, Dirk Kuijt und Jeremain Lens im Angriff üben. Das wäre die Antwort auf den Ausfall von van Persie.
Der gesperrte Stürmer ist sich sicher: „Der Trainer wird schon eine gute Lösung finden.“ Auch der Torjäger von Manchester United will die Gruppe möglichst als Erster abschließen, wofür an diesem Montag (18.00 Uhr) wegen des besseren Torverhältnisses bereits ein Remis reichen würde. Aber nicht aus Angst vor der Seleção, sondern bereits mit Blick auf die weitere K.o.-Runde. „Dann bekommst du in der Theorie im weiteren Turnierverlauf eine etwas günstigere Auslosung“, sagte van Persie. Erst Mexiko oder Kroatien, dann eventuell im Viertelfinale Costa Rica - der Weg ins Halbfinale scheint für die Niederländer vorgezeichnet.
Oder doch für die Spanien-Entthroner aus Chile? „Wir werden von unserem System nicht abweichen“, kündigte Trainer Sampaoli bereits unmittelbar nach dem Coup selbstbewusst an. Der Argentinier muss sich aber auch überlegen, ob er den bereits einmal verwarnten Ex-Bundesliga-Profi Vidal mit Blick auf das Achtelfinale lieber schont. „Es ist die Entscheidung des Trainers, aber ich bin bereit, morgen zu spielen“, meinte der frühere Leverkusener von Juventus Turin.
Und was sagen die Brasilianer? Denen ist der mögliche Gegner im Achtelfinale völlig egal. „Dass Chile und die Niederlande zwei große Spiele gemacht haben, heißt nicht, dass sie Weltmeister werden“, sagte Brasiliens Verteidiger Dani Alves. „Die Rechnung wird zum Schluss gemacht und nicht auf halbem Weg.“