Portugals Totalschaden - Frust bei Ronaldo und Co.

Salvador/Campinas (dpa) - Am Tag nach dem Debakel gegen Deutschland war das Trainingsgelände der Portugiesen in Campinas einer der einsamsten Orte in ganz Brasilien. Keine Spieler, keine Fernseh-Kameras, keine Fans, kein Training.

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Nur die Bestätigung des WM-Aus von Fabio Coentrão drang durch.

Portugals Coach Paulo Bento hatte dem Team einen lange geplanten freien Tag gewährt und sich selbst mit seinem Stab hinter die dicken Mauern des edlen Teamhotels „The Palms“ zurückgezogen. Nach dem 0:4 (0:3) vom Montag geht es jetzt nur noch darum, im nächsten Spiel gegen die USA das frühzeitige Aus abzuwenden.

Noch eine Niederlage und die Weltmeisterschaft würde nach der Vorrunde ohne die Portugiesen, ohne Cristiano Ronaldo weitergehen. „Wir müssen jetzt etwas anders machen, das ist wahr. Aber es wäre meiner Meinung nach der größte Fehler, jetzt alles anders zu machen“, sagte Bento.

Nach der Pleite gegen Deutschland und dem 2:1 der Amerikaner gegen Ghana sei seine Mannschaft in seiner „schwierigen und komplizierten Situation“, denn abgesehen vom ohnehin schon massiven Ergebnisdruck müssen die Portugiesen gegen die USA auch noch die beiden Champions-League-Sieger Pepe (gesperrt) sowie Coentrão und den früheren Bremer Hugo Almeida (beide verletzt) ersetzen. Für Coentrão ist die WM aufgrund seiner Leistenverletzung schon vorbei, teilte der portugiesische Verband FPF mit. „Trotzdem haben wir es immer noch in der eigenen Hand, weiterzukommen“, meinte Bento. „Wir werden mit allem, was wir haben, weiter kämpfen. Es sind ja noch zwei Spiele.“

Cristiano Ronaldo dagegen empfand das Spiel gegen Deutschland als einzige Demütigung. Schon nach dem 0:3 signalisierte der Kapitän mit einem Griff an die Spielführerbinde, dass er von Bord wollte. Zu groß war die Schmach, als hätte der Weltfußballer sie auf dem Feld noch länger ertragen mögen. Schnell suchte er in den Katakomben der Arena Fonte Nova von Salvador das Weite. „Heute bin ich nicht dran“. Mit diesen knappen Worten verweigerte Ronaldo in der Interview-Zone jegliche Stellungnahme. Sollten doch die anderen das Auftaktdebakel gegen den Angstgegner erklären...

Ronaldo konnte nach seiner Knieblessur nur in der Anfangsphase eigene Akzente setzen, ging dann wie sein Team unter. Er hatte zuvor angekündigt, „bei 100 Prozent“ zu sein, zu sehen war davon nichts. Entsprechend fiel die Reaktion der heimischen Medien aus. „Ein riesiger Alptraum“, titelte „A Bola“, Portugals größte Sportzeitung über die höchste WM-Schlappe der „Selecao“ und urteilte: „Ohne Kopf und ohne Füße.“ Erstaunt stellte „Público“ fest: „Portugal hatte den Deutschen nichts entgegenzusetzen.“

Der fassungslose Bento („Wir mussten schreckliche Zwischenfälle hinnehmen“) verwies auf zahlreiche Schlüsselszenen eines Spiels, in dem sich alles gegen sein Team verschworen zu haben schien. In Stürmer Almeida und Abwehrspieler Coentrão mussten zwei Leistungsträger mit schweren Muskelverletzungen vorzeitig ausgewechselt werden. „Das ist einer der traurigsten Tage meines Lebens. Das war zwar erst das erste Spiel, aber die Niederlage ist sehr hart - 0:4“, jammerte Coentrão.

Zu dem Verletzungspech kam auch noch der umstrittene Platzverweis für Pepe (37.). Also fehlt auch der zweite Champions-League-Sieger aus Madrid gegen die USA am Sonntag in Manaus. Nicht gerade gute Vorzeichen, um gegen die starken Amerikaner zu bestehen.

Zuspruch für sein ehemaliges Nationalteam kam von Luiz Felipe Scolari. „Portugal hat noch immer eine Chance. Sie müssen sich jetzt neu sortieren und dann das nächste Spiel angehen“, sagte der heutige Trainer der Brasilianer und erinnerte an die EM 2004. „In Portugal haben wir das erste Spiel auch verloren und sind noch ins Finale marschiert.“