Robbens Sehnsucht nach Revanche
Rio de Janeiro (dpa) - Arjen Robben ist im WM-Tunnel. Der Bayern-Star kennt am Zuckerhut nur ein Ziel: den Titel. Vier Jahre nach dem „bittersten Moment“ seiner Laufbahn soll es in Brasilien unbedingt mit dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft klappen.
„Wir sind auf einer Mission“, sagte Robben vor dem Viertelfinal-Duell gegen Costa Rica in Salvador am Samstag. „Du kommst nicht zu einer WM, um das Wetter und den Strand von Rio zu genießen. Du hoffst, Spiele zu gewinnen und so weit wie möglich zu kommen.“
2010 ging es für Robben und Oranje in Südafrika bis ins Finale, in dem sich Spanien in der Verlängerung mit 1:0 durchsetzte. In der regulären Spielzeit hatte Robben die Führung auf dem Fuß, scheiterte aber an Spaniens Keeper Iker Casillas. „Diesen Moment werde ich nie vergessen“, sagte Robben. Doch unterkriegen lassen hat sich der schnelle Holländer davon nicht, das war noch nie seine Art.
Wer Robben in diesen Tagen in den Spielen, aber auch während der Trainingseinheiten beobachtet, der fühlt sich unweigerlich an die Saison 2012/13 erinnert. Damals kehrte der heute 30-Jährige nach dem verlorenen „Finale dahoam“ in der Champions League und der anschließenden Katastrophen-EM in Polen und der Ukraine ebenfalls mit einem Sack voller Enttäuschungen nach München zurück. Frust, den er in Energie und Leistung umwandelte.
Robben wollte es allen zeigen. Den Kritikern, die ihm das Label Weltklasse absprachen. Den Teamkollegen, die seine oft egozentrische Spielweise kritisch beäugten. Und den eigenen Fans, die ihn wegen seines verschossenen Elfmeters im Champions-League-Endspiel gegen den FC Chelsea im eigenen Stadion gnadenlos auspfiffen. Es hatte etwas von Robben gegen den Rest der Welt - mit dem Niederländer als Gewinner.
Denn ein Jahr nach dem Tiefschlag gegen Chelsea führte Robben die Bayern im deutschen Finale von London gegen Borussia Dortmund zum ersehnten Königsklassen-Titel. Der Gesichtsausdruck von Robben nach dem Siegtreffer in der 89. Minute verriet alles darüber, wie viel ihm dieser Sieg bedeutete.
Nicht wenige hätten sich nach den Schmähungen im Jahr zuvor nie wieder in München blicken lassen. Doch Robben stellte sich - und wurde belohnt. Seine Willenskraft, Widerstandsfähigkeit und Siegermentalität stehen sinnbildlich für den Bayern-Erfolg an jenem 25. Mai 2013 in Wembley.
Am Zuckerhut soll sich für Robben nun gleiches wiederholen. Der 13. Juli im Estádio do Maracanã - das ist alles, woran Robben im Moment denkt. Als er nach dem 5:1 zum WM-Auftakt gegen Spanien mit Lobeshymnen überhäuft wurde und alle von der gelungenen Revanche für das WM-Finale 2010 sprachen, blieb Robben betont zurückhaltend. „Von einer Revanche kann man nicht sprechen, die wäre nur möglich, wenn es ein WM-Finale gewesen wäre.“
Die Spanier sind inzwischen längst daheim, Robben und die Elftal noch mittendrin. Gegen Costa Rica winkt der Einzug ins Halbfinale, danach ist alles möglich. Doch Robben gibt weiter den Mahner. „Wir müssen fokussiert sein. Sie haben sich in einer Gruppe mit Italien, England und Uruguay durchgesetzt.“
Und die Worte des bislang dreifachen Torschützen haben Gewicht im Team. „Es ist beeindruckend, wie er sich um die Mannschaft kümmert“, sagte Mittelfeldspieler Georginio Wijnaldum. „Arjen war es, der uns zusammen mit Robin von Persie nach den ersten Siegen auf dem Boden gehalten hat“, meinte Jungstar Memphis Depay.
Dass ihn alle schon als einen der besten Spieler der WM feiern lässt Robben kalt. „Um ehrlich zu sein interessieren mich Einzelehrungen nicht besonders“, sagte der bislang zweimal zum besten Spieler gekürte Münchner. „Es geht um das große Ganze. Wir sind noch nicht fertig.“ Erst, wenn er am 13. Juli im Fußball-Tempel Maracanã den WM-Pokal in den Nachthimmel von Rio de Janeiro recken kann, ist Robbens Mission erfolgreich beendet.