Fußballrausch sogar in Bangladesch
Dhaka (dpa) - Alle vier Jahre werden die sonst Kricket-verrückten Menschen in Bangladesch zu leidenschaftlichen Fußballfans. „Bangladescher verehren legendäre Figuren und Helden“, sagt Fußballanalyst Zahid Newaz Khan.
Da ihr Team sich noch nie für eine Weltmeisterschaft qualifiziert habe, beteten sie eben die Teams an, welche die größten Fuballstars wie Pelé und Diego Maradonna hervorbrachten: Brasilien und Argentinien.
Zehntausende Fahnen der beiden Teams wehen derzeit in dem armen südasiatischen Land: von Ziegeleien und Bürotürmen, Slumhütten und Betonklötzen, Rikschas und Luxuskarossen. Das führte kurzzeitig sogar zum Eklat, weil es per Gesetz eigentlich verboten ist, ausländische Fahnen ohne Genehmigung zu hissen. Der Verwalter des Distrikts Jessore, Mostafizur Rahman, ordnete die Beseitigung an. Und beklagte: Am Nationalfeiertag Bangladeschs hänge nicht einmal ein Zehntel der Menge an Fahnen.
Doch die Fans rebellierten - mit Unterstützung der Premierministerin. „Warum sollten die Menschen denn nicht die Fahne ihres Teams zeigen dürfen?“, fragte Sheikh Hasina, selbst Fußballfan, bei einer Pressekonferenz. „Das ist doch keine Straftat. Lasst die Menschen die Weltmeisterschaft genießen.“
Vier Wochen lang treten die politischen Unruhen in den Hintergrund, die das Land in den vergangenen Monaten im Griff hatten. Statt über Parteien zu diskutieren, entspinnen sich immer wieder hitzige Gespräche darüber, ob nun Argentiniens Lionel Messi oder Brasiliens Neymar der bessere Stürmer ist. Hunderte überzeugte Anhänger Brasiliens liefen jüngst sogar mit einer 900 Meter langen Fahne durch Dörfer im Distrikt Faridpur.
An den Straßenrändern in der Hauptstadt Dhaka werden neben Fahnen auch T-Shirts, Armbänder, Poster, Schlüsselanhänger, Kopftücher und Autoaufkleber der südamerikanischen Teams verkauft. Oft bleiben die Menschen bis tief in die Nacht wach, um die WM-Spiele ihrer Favoriten zu sehen. Die Zahl der verkauften Fernseher sei in den Wochen vor dem Turnier um 40 Prozent gestiegen, sagt Emadadul Haq, Manager bei der TV-Firma Walton.
Sogar an den Textilfabrikanten, die in Tausenden Fabriken Hosen und T-Shirts für die westliche Welt nähen lassen, geht das Fußball-Fieber nicht spurlos vorüber. „Wir haben die Aufträge für Kleidung einen Monat lang auf Eis gelegt, um Fahnen herstellen zu können“, sagt Saiful Islam, Besitzer von Ankhi Tailors in Dhaka.