Von Armee bis Zivilschutz Russland für Hochsicherheits-WM gewappnet

Zürich. Vor der Küste Kaliningrads kreuzt die Baltische Flotte, im ganzen Land wimmelt es nur so von Einsätzkräften: Die Weltmeisterschaft in Russland wird zur bisher größten Sicherheitsoperation der Fußball-Geschichte.

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Entsprechend gelassen blickt FIFA-Sicherheitschef Helmut Spahn der Endrunde im Riesenreich vom 14. Juni bis 15. Juli entgegen. „Meine Frau wird mit meinen beiden jüngeren Söhnen, die sind sieben und neun Jahre alt, ganz privat durch Russland reisen und sich einzelne Spiele anschauen. Wenn ich nur die kleinsten Bedenken hätte, dass dies irgendwie problematisch wäre, hätte ich gesagt: Mach' das nicht“, erzählt Spahn in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Rund 1,4 Milliarden Euro investierte Russland 2014 für die Sicherheit der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Konkrete Zahlen für die Fußball-WM gibt es noch nicht - sie dürften aber schon aufgrund der wesentlich größeren Schutzräume weit darüber liegen. Immerhin gilt es, elf Spielorte von Kaliningrad im Westen über St. Petersburg im Norden, Jekaterinburg im Osten und Sotschi im Süden zu sichern. Dazu kommen die Camps der 32 Endrundenteilnehmer.

Eine Mammutaufgabe, für die die Regierung keine Kosten und Mühen scheut. Denn ähnlich wie bei Olympia wollen sich die Russen auch bei der WM als Gastgeber eines friedlichen Sportfestes präsentieren. Präsident Wladimir Putin gab der Polizeiführung schon im Februar mit auf den Weg: „Von der Gründlichkeit ihrer Arbeit hängt das Image des Landes ab.“

Spahn sieht Russland „prinzipiell sehr, sehr gut“ für das Ereignis gewappnet. „Ich bin sehr zufrieden mit den Vorbereitungen, der Zusammenarbeit und mit dem, was die russischen Sicherheitsbehörden und das WM-Organisationskomitee insgesamt auf die Beine gestellt haben“, lobt der Sicherheitschef des Weltverbandes FIFA. Bei der Frage nach der genauen Anzahl der Schutzkräfte verweist der frühere Leiter eines Spezialeinsatzkommandos der Frankfurter Polizei auf die Zuständigkeit der staatlichen Stellen.

Die haben zur großen Mobilmachung gerufen. Waren für Olympia schon zwischen 50.000 und 70.000 Sicherheitskräfte abgestellt, dürften es dieses Mal Hunderttausende sein. Allein 40.000 Mann schickt der Zivilschutz, dazu kommen 14.000 Mann von privaten Sicherheitsorganisationen. Polizei, Nationalgarde, Armee und Geheimdienst sind da noch gar nicht dabei.

Für Spahn zählt in erster Linie, dass die „höchsten Sicherheitsstandards“ auch tatsächlich umgesetzt und die Besucher und Teilnehmer dabei so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Auf einige Unannehmlichkeiten müssen sich die WM-Touristen, denen erstmals eine Fan-ID zugeteilt wurde, beim Besuch der Spiele dennoch einrichten. Denn es gibt mehrere Sicherheitsringe um die Stadien - und damit auch mehrere Kontrollen.

Doch reicht das aus, um auch potenzielle Gewalttäter in den Griff zu bekommen? „Ich glaube, das ist sehr gut unter Kontrolle. Es gibt sehr gute präventive Konzepte. Ich sehe das Risiko als gering an, dass wir Hooligan-Ausschreitungen wie in Marseille auch in Russland erleben werden“, sagt Spahn. Bei der EM 2016 hatten russische Krawallmacher in der südfranzösischen Hafenstadt beim Spiel gegen England für hässliche Bilder gesorgt, die sich nicht wiederholen sollen.

Auch das Thema Terrorismus steht auf der Sicherheitsagenda des WM-Ausrichters ganz weit oben. Schließlich befindet sich Russland in vielen politischen Konflikten - sei es in Syrien, der Ukraine oder im Nordkaukasus. Allein für den Schutz Kaliningrads von See her sind ein Zerstörer, zwei Fregatten, vier Korvetten und zwei schnelle Anti-Terror-Boote im Einsatz, dazu Luftabwehrsysteme und Panzer.

Zweifel an der Sicherheit hat Spahn daher nicht. „Die Terrorgefahr ist ähnlich hoch, vielleicht sogar insgesamt gesehen etwas geringer als in Frankreich, England oder Deutschland“, betont der 57-Jährige. Können die deutschen Fans also ohne Furcht vor Ausschreitungen oder Anschlägen nach Russland reisen? „Absolut“, sagt Spahn. dpa