FIFA-Sicherheitschef Spahn: Fans können beruhigt nach Russland reisen
Zürich (dpa) - Das Thema Sicherheit spielt bei allen sportlichen Großereignissen eine gewichtige Rolle - so auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft.
FIFA-Sicherheitschef Helmut Spahn spricht im Interview der Deutschen Presse-Agentur über die Gefahr von Hooliganismus und Terrorismus, sendet aber zugleich die klare Botschaft: WM-Touristen können ohne Angst nach Russland fahren.
Frage: Russlands Präsident Wladimir Putin hat unlängst betont, die Sicherheit sei ein zentrales Thema der Fußball-Weltmeisterschaft. Wie sieht die FIFA den WM-Gastgeber für das Großereignis gewappnet?
Helmut Spahn: Prinzipiell sehr, sehr gut. Sicherheit ist immer ein wichtiges Thema, das war auch in Brasilien, Südafrika, Deutschland sowie Japan und Südkorea in unterschiedlicher Ausprägung der Fall. Ich bin sehr zufrieden mit den Vorbereitungen, der Zusammenarbeit und mit dem, was die russischen Sicherheitsbehörden und das lokale WM-Organisationskomitee insgesamt auf die Beine gestellt haben.
Frage: Wie viele Sicherheitskräfte werden bei der WM im Einsatz sein, wie hoch ist das Budget?
Spahn: Das kann und will ich nicht im Detail beantworten. Für die öffentlichen Bereiche sind die staatlichen Stellen zuständig. In und um die Stadien werden mehrere Tausend speziell geschulte private Sicherheitskräfte im Einsatz sein.
Frage: Wie groß sind die Sicherheitsringe um die Stadien herum?
Spahn: Es gibt mehrere Sicherheitsringe. Wir haben eine sogenannte „Last-Mile-Konzeption“, wo jede Person, jedes Gut und jedes Fahrzeug dementsprechend kontrolliert wird. Dann kommen wir zu dem klassischen äußeren Sicherheitsring. Dort werden intensive Kontrollen durchgeführt, so dass jeder, der diesen äußeren Sicherheitsring passiert, komplett gecheckt ist, inklusive Ticket- und Fan-ID-Kontrolle am Spieltag. Und wenn man dann in diesem Bereich ist, gibt es noch einmal die finale Ticketkontrolle.
Frage: Werden auch Sicherheitskräfte aus den Teilnehmerländern - und damit auch aus Deutschland - vor Ort im Einsatz sein?
Spahn: Ja, das wird so sein und war auch der Fall bei vergangenen Weltmeisterschaften. Es wird ein internationales Kooperationszentrum geben, wo sich diese Delegationen aufhalten werden. Polizeidelegationen aus den Teilnehmerländern werden auch in den Spielorten zugegen sein, wo die jeweiligen Mannschaften spielen.
Frage: Bei der EM 2016 in Frankreich sorgten vor allem russische Hooligans für hässliche Bilder. Fürchten Sie ähnliche Vorfälle im Sommer 2018?
Spahn: Wir führen zusammen mit unseren russischen Kollegen eine tägliche Risikobewertung durch und natürlich haben noch relativ viele Leute die Bilder von Marseille im Kopf. Deswegen war und ist das auch bei uns ein Thema. Ich glaube aber, das ist sehr gut unter Kontrolle. Es gibt sehr gute präventive Konzepte. Ich sehe das Risiko als gering an, dass wir Hooligan-Ausschreitungen wie in Marseille auch in Russland erleben werden.
Frage: Wie will man potenzielle Randalierer aus dem In- und Ausland kontrollieren?
Spahn: Je nach Rechtslage in dem jeweiligen Land gibt es natürlich dementsprechende Maßnahmen. In Deutschland zum Beispiel gibt es Gefährderansprachen und in speziellen Fällen wird es auch Möglichkeiten geben, eine Ausreise zu verhindern. Die Engländer machen das schon seit Jahren. Der internationale Austausch ist auf einem sehr positiven Level.
Frage: Syrien, Ukraine, Krim, Nordkaukasus - Russland steckt in vielen politischen Konflikten. Ist die Terrorgefahr, auch durch islamische Gewalttäter, besonders hoch?
Spahn: Das kann man eigentlich relativ deutlich mit einem Nein beantworten. Wie gesagt: Wir stehen mit allen Behörden im Kontakt, auch international, und führen Risikoanalysen durch. Natürlich ist auch Terrorismus auf der Sicherheitsagenda. Die Terrorgefahr ist ähnlich hoch, vielleicht sogar insgesamt gesehen etwas geringer als in Frankreich, England oder Deutschland. Ich denke, dass die russischen Behörden sehr gut vorbereitet sind. Wir haben ja alle Sicherheitsmaßnahmen, auch im Rahmen des Confed Cups, in allen Bereichen getestet. Diese Veranstaltung lief absolut reibungslos ab.
Frage: Ein weiterer Aspekt der Sicherheit sind mögliche politische Demonstrationen. Wie wird der WM-Gastgeber damit umgehen?
Spahn: Wir als FIFA haben eine relativ klare Philosophie, dass jeder sich frei äußern kann. Das haben wir auch ganz klar transportiert und öffentlich gemacht. Fakt ist aber auch, und das ist nichts spezifisch Russisches, dass im Umkreis der Fußballstadien gewisse Einschränkungen berücksichtigt werden müssen, um die Sicherheit der Fans und die organisatorische Durchführung der Spiele nicht zu gefährden. Das war aber auch in Deutschland so, bei jeder anderen WM und einer Vielzahl von anderen großen Sportereignissen. Das ist also ein völlig normaler Vorgang.
Frage: Was wäre für Sie eine perfekte WM?
Spahn: Eine perfekte WM wäre für mich, wenn die Menschen, die nach Russland reisen, und die Russen selbst sagen würden: Das war ein tolles Fußballfest, eine tolle Party, wir haben tollen Fußball gesehen und wir haben uns sehr wohl gefühlt. Und: Das war eine WM, die wir im positiven Sinne gesehen nicht vergessen werden.
Frage: Können die deutschen Fans ganz beruhigt nach Russland reisen?
Spahn: Absolut. Meine Frau wird mit meinen beiden jüngeren Söhnen, die sind sieben und neun Jahre alt, ganz privat durch Russland reisen und sich einzelne Spiele anschauen. Wenn ich nur die kleinsten Bedenken hätte, dass dies irgendwie problematisch wäre, hätte ich gesagt: Mach' das nicht.
ZUR PERSON: Helmut Spahn (57) war über 20 Jahre im aktiven Polizeidienst, später verantwortete er beim Deutschen Fußball-Bund die Sicherheit bei der WM 2006 und der Frauen-WM 2011. Nach einem fünfjährigen Engagement in Katar übernahm der verheiratete Familienvater im Mai 2017 den Posten des FIFA-Sicherheitschefs.