Spätstarter Slimani ein algerischer Volksheld
Sorocaba (dpa) - Islam Slimani ist in Algerien schon jetzt so etwas wie ein Volksheld. Um in den erlauchten Kreis der Fußball-Legenden um Lakhdar Belloumi und Rabah Madjer vorzustoßen, fehlen dem 26-Jährigen aber noch ein paar Spiele und Tore im Trikot der Nordafrikaner.
In seiner Bedeutung aber hat Slimani die algerischen Altmeister vielleicht sogar schon übertroffen: Mit seinem historischen Kopfball zum 1:1 gegen Russland sorgte er für Algeriens erstmaligen Sprung in ein WM-Achtelfinale. Zudem kürte ihn die FIFA zweimal nacheinander zum „Man of the Match“ - das gelang noch keinem algerischen und arabischen Spieler vor ihm bei einer Weltmeisterschaft.
„Da ist ein Traum für mich wahr geworden“, sagte der Spieler von Sporting Lissabon mit glänzenden Augen, „doch die ganze Mannschaft ist zu loben. Sie hat sich die Achtelfinal-Qualifikation verdient.“ Dort geht es am Montag (22.00 Uhr MEZ) in Porto Alegre gegen den dreimaligen Weltmeister Deutschland. Für den Afrika-Meister von 1990 ist das natürlich eine enorme Herausforderung. „Die Deutschen spielen sehr gut und jeder weiß, wozu sie fähig sind. Es ist klar, dass wir nicht die Favoriten sind“, stellte Slimani im Gespräch mit „FIFA.com“ klar. Das neben Nigeria einzig verbliebene Afrika-Team müsse „so konzentriert wie nie und seinen besten Fußball spielen“.
So wie der Mann mit dem ausrasierten Nacken und Schläfen zuvor: Der furchtlose Stürmer hat in seinen 204-WM-Minuten je zwei Tore erzielt und vorbereitet. Dazu markierte er in der Qualifikation fünf Treffer - die meisten seines Teams - und hatte großen Anteil am WM-Ticket für Brasilien. Auch in den Spielen seines portugiesischen Clubs Sporting hinterließ er einen bleibenden Eindruck. So schoss er im Klassiker gegen den Erzrivalen FC Porto das Siegtor - und sich in die Herzen der Fans. „Ich habe eine gute Saison bei Sporting gespielt und einige wichtige Tore geschossen“, fasste er sein starkes Jahr zusammen.
Der in Algier unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Profi hat die Fußballwelt auf sich aufmerksam gemacht. Sogar José Mourinho lobte ihn erst kürzlich. „Ich kenne ihn sehr gut, weil er in der portugiesischen Liga spielt“, sagte Chelseas Coach, „er schießt viele Tore, ist ein aggressiver Stürmer, schnell und gut in der Luft.“ In den englischen Medien wird Slimani schon mit Newcastle United aus der Premier League in Verbindung gebracht. Angeblich sollen auch West Ham und Stoke City an ihm interessiert sein. Für Slimani wäre ein Wechsel nach England ein weiterer Schritt nach vorne.
Noch vor vier Jahren sah es nicht nach einer straffen Karriere aus. Damals schloss er sich dem Drittliga-Club CR Belouizdad an, spielte dort noch bis zum vorigen Jahr. Der FC Nantes war wegen seiner vielen Tore auf ihn aufmerksam geworden. Eigentlich waren sich er und die Franzosen einig, dann aber entschied sich der Torjäger für Sporting. „Als ich in die 3. Liga gekommen bin, habe ich nicht eine Sekunde daran gedacht, dass ich vier Jahre später bei der WM in Brasilien spielen könnte“, verdeutlichte er seine rasante Entwicklung.
Eine wichtige Rolle bei seinem Aufstieg schreibt er Auswahl-Coach Vahid Halilhozdic zu, der ihm im Mai 2012 zum Nationalteam-Debüt verhalf. Der Bosnier war früher selbst Stürmer, von ihm habe er viel Unterstützung und Vertrauen erfahren. „Er gibt mir Selbstvertrauen und weiß ganz genau, wie er mir helfen kann.“ Wer weiß - vielleicht trifft Slimani auch gegen Deutschland ins Tor. So wie die Volkshelden Belloumi und Madjer 1982 bei Algeriens sensationellem 2:1-WM-Sieg. Dann würde er noch ein Ruhmes-Stückchen näher an das Duo heranrücken.