Vidals chilenische „Rebellen“ wollen ins Finale
Rio de Janeiro (dpa) - Nach der Weltmeister-Demontage fühlen sich Chiles Fußball-Helden schon bereit für den größten Erfolg der „Roja“: Das WM-Finale.
Noch aus dem Bus heraus kündigte der ehemalige Bundesliga-Profi Arturo Vidal großmundig und in Partylaune an: „Wir verlassen Rio, aber wir werden am 13. Juli wiederkommen.“ Der Tag des Endspiels bei der WM in Brasilien.
Einen weiteren Schritt zum ersten Endspiel hat Chile eindrucksvoll hinter sich gebracht. Das 2:0 gegen den entthronten Titelverteidiger Spanien, die gelungene Revanche für das 1:2 vor vier Jahren in Südafrika, stürzte das Land, die Mannschaft und die Fans in den nächsten WM-Jubel. „Diesen Sieg werde ich nie vergessen“, betonte Trainer Jorge Sampaoli, der Vater der rasanten und mitreißenden Spielweise: „Ich bin stolz, diese Spieler zu dirigieren.“
Das ohnehin große Selbstvertrauen der im Durchschnitt kleinsten WM-Mannschaft ist noch mehr gewachsen. „Es ist ein historischer Schritt, aber es gibt noch viel Geschichte zu schreiben“, verkündete Verbandspräsident Sergio Jadue und schlug immer wieder aufgeregt auf den Spielball, den er stolz mitnahm.
„Chile hat das roteste Herz von Brasilien 2014“, titelte die Zeitung „La Tercera“ in Anspielung auf das Duell der chilenischen „Roja“ gegen die spanische „Roja“ - es war der erste Erfolg im elften Anlauf gegen die Iberer. „Ich weiß nicht, ob dies der beste Sieg meines Lebens ist“, meinte Sampaoli, der die Mannschaft Ende 2012 übernommen hat.
„Die Spieler haben die Botschaft ihres Trainers verstanden, sich nicht zurückzuziehen und nicht auf Unentschieden, sondern auf Sieg zu spielen“, lobte sein argentinischer Landsmann Diego Maradona den Coach und dessen Schützlinge nach dem ruhmreichen Auftritt im Estádio do Maracanã von Rio de Janeiro.
Anders als die chilenischen Anhänger an Rios Strandpromenade Avenida Atlântica oder auf der Plaza Italia in Santiago konnten sich Vidal & Co. aber keine langen Feiern erlauben. Schon 17 Stunden nach dem Match redete Trainer Sampaoli auf dem Trainingsgelände „Toca de Raposa II“ in Belo Horizonte über zehn Minuten mit seinen im Kreis versammelten Spielern, ehe er mit dem Regenerationstraining begann.
Vidal beteiligte sich in der ersten halben Stunde nicht daran, er plauderte auf dem Rasen sitzend mit langer Trainingshose anschließend noch mal länger mit dem Coach. Es fehlte einzig Torschütze Charles Aránguiz wegen einer leichten Stauchung im rechten Knie. Man sei aber zuversichtlich, dass alles gut werde, teilte der Verband mit.
Ein bisschen Schaulaufen zum Gruppenabschluss kann sich das Team auch nicht leisten. Gegen die ebenfalls perfekt ins Turnier gestarteten Niederlande braucht das Team am kommenden Montag (18.00 Uhr) in São Paulo einen Sieg für Gruppenplatz eins - um damit höchstwahrscheinlich Gastgeber Brasilien aus dem Weg zu gehen. Denn schon 1998 und auch 2010 scheiterte Chile im Achtelfinale am jetzigen Turnier-Gastgeber. „Wenn wir so spielen, können wir gegen jeden gewinnen“, tönte Sampaoli.
Kein Gegner scheint derzeit zu groß für die Chilenen, das musste bereits die deutsche Nationalmannschaft beim äußerst schmeichelhaften 1:0-Sieg im März erkennen. Durch sein unorthodoxes System mit einer Dreier-Abwehrkette, dem unbändigen Lauf- und Einsatzwillen und einem schnellen Umschaltspiel fühlt sich der WM-Dritte von 1962 in der Rolle der „Rebellen“ (Sampaoli) äußerst wohl.
„Heute ist das wirkliche Maracanãzo“, erinnerte Mittelfeldspieler Marcelo Diaz an den sensationellen Titelgewinn von Uruguay gegen Brasilien 1950 an gleicher Stelle. „Geschichte ist dazu gemacht, sich zu ändern“.
Historisch wäre bereits ein Viertelfinal-Einzug, der den Chilenen bei einer WM bislang noch nie außerhalb des eigenen Landes gelang. Das Viertelfinale ist dem WM-Dritten von 1962 aber nicht genug. „Wir haben den Weltmeister geschlagen und hoffentlich wird uns das helfen zu wachsen, weil wir ein großes Team werden wollen, das die WM gewinnen will“, betonte Vidal. „Wir haben ein hohes Maß an Reife erreicht, die Mannschaft glaubt entschlossen an eine Idee. Und das macht sie auch so gefährlich“, pflichtete Sampaoli bei. Die Konkurrenz ist mehr als gewarnt, Chile kennt nur noch ein Ziel: Die Rückkehr nach Rio.