Tagebuch aus Belek (3): Ein Redakteur kommt ins Schwitzen

Wuppertal/Belek. Um die sportlichen Belastungen eines Trainingslagers richtig nachempfinden zu können - bis zum heutigen Donnerstag haben die WSV-Spieler in Belek in sechs Tagen zwischen zwölf und 15 Einheiten absolviert — muss man wohl mal selbst aktiv werden.

Heute ist also mein Sporttag.

7 Uhr, Einheit 1, Untergeschoss des Riu Kaya Belek. Die Glastür in Richtung Sauna und Kraftraum ist noch abgeschlossen. „Die haben immer noch nicht gemerkt, dass wir hier jeden morgen um diese Zeit sind“, sagt Markus Heppke. Mobilisation mit Konditionstrainer Thomas Ediger lautet das tägliche Angebot an die WSV-Spieler, um an eventuellen muskulären Schwächen zu arbeiten. Heute ist neben Heppke aber nur Dominik Ernst gekommen. „Weil heute Nachmittag ein Spiel ist, denken wohl viele, sie sollten nicht zu viel tun. Das ist aber ein Irrglaube. Das Arbeiten an muskulären Schwächen ist wichtig, um die Trainings- und Spielbelastungen besser wegzustecken und Verletzungen vorzubeugen“, sagt Thomas Ediger.

Mit Markus Heppke arbeitet er (der Schlüsselmann wurde inzwischen
gefunden) an der Schultermuskulatur mit Bankdrücken und ähnlichen Kaftübungen, sowie an der Explosivität. Das heißt: Sprünge von einer kleinen Fitnessbank mit Gewicht. Dominik — in Spielerkreisen nur Dodo genannt — hat Probleme mit den Adduktoren. Entsprechend sieht seine Übungsreihe aus, die ich als Partner mitnehmen darf. Bauchmuskeltraining mit Übergabe eines kleinen Gewichts. Umdrehen auf den Bauch, denn auch der Muskelgegenspieler — die Rückenmuskulatur muss in gleicher Weise gekräftig werden. Arbeiten mit und gegen den Druck (exzentrisch und
konzentrisch) sind dann die Zauberworte, die in der Trainingslehre seit langem bekannt sind.

Gegen den Widerstand, den der Partner mit seiner Hand gibt , drücken Dodo und ich nun abwechselnd im Seitstütz die Beine seitlich nach oben. „Puh, waren das immer noch nicht zehn Wiederholungen?“ Nach einer Dreiviertelstunde schickt uns Ediger zum Frühstück, schließlich ist um 9 Uhr Training für alle auf dem Platz.

Ich schiebe aber noch Einheit 2 dazwischen. Joggen mit Manager Markus Bayertz, der jeden morgen um 8 Uhr die mitgefahrenen Sponsoren und Freunde eine Runde um den Golfplatz führt. Danach ist gerade noch Zeit für einen Happen beim Frühstück, wo Präsident Friedhelm Runge knapp die Knackpunkte des gestrigen Pokal-Siegs der Bayern analysiert. Das hat er mit Dirk Sachsenröder, dem Trainer und einigen anderen in seinem Hotelzimmer geschaut. „Beim 1:0 muss der Aachener Torwart rauskommen, dann kriegen die Aachener den Elfmeter nicht zugesprochen, und schließlich fällt in die Aachener Drangphase das 2:0“, zählt der Präses auf. Den anfälligen Robben in einem Pokalkampf gegen einen Zweitligisten noch einzuwechseln, nennt er ein viel zu hohes Risiko, auch wenn der Holländer — gerade erst auf dem Feld - mit seinem genialen Pass das 2:0 erst eingeleitet hat und den Rest für die Bayern zur Kür werden ließ.

Meine Frühstückskür ist schon beendet, denn im Hotelpool wartet bereits Physiotherapeut Andreas Sommer, der mit dem weiter an seiner Achillessehnenreizung laborierenden Sebastian Zinke die tägliche Wasserjogging-Einheit absolviert. „Zehn Minuten zu spät, das heißt, heute Abend einen ausgeben“, begrüßt er mich. Bei „All inclusive“ im Riu Kaya Belek allerdings keine wirkliche Strafe.

Anders sieht das schon bei den Laufeinheiten im mit gefühlten 32 Grad wohlig warmen Wasser aus. „Knie heben, jetzt ruhig ein bisschen spurten“, treibt Sommer seinen Schützling Zinke und jetzt auch mich an. Nach einiger Zeit schiebt er die unschuldige Frage hinterher: „Na, brennts schon?“ „Jo, kann man sagen.“ Auch Hampelmann gegen den Wasserwiderstand, den Körper mit den Armen am Beckenrand aus dem Wasser stemmen und vorwärts und rückwärts Schwimmen ohne Beine ist nicht gerade die reine Entspannung. „Ich würde gerne mal wieder vor den Ball treten“, sagt Sebastian. Beim Spielen mit seine Mitspielern muss er sich allerdings derzeit noch auf die Wii oder Playstation beschränken. Mario Kart und Fifa sind in den Ruhepausen zwischen den Einheiten auf den Spielerzimmern die Renner. „Da bin ich nicht schlecht, aber der Sterni (gemeint ist Marcel Großkreutz) zieht uns alle ab,“ erzählt Zinke aus dem Innenleben der Mannschaft.

Für mich geht es nach einer halben Stunde schon weiter zu Einheit vier auf dem Fußballplatz. Im Anschluss ans Mannschaftstraining wollen Trainer Michael Dämgen und Manager Markus Bayertz mit den mitgereisten Sponsoren und Freundeskreismitgliedern ein bisschen kicken. Als wir einen Kreis aufmachen (für Nicht-Fußball-Kenner: Zwei Mann in die Mitte, der Rest versucht sie nicht an den Ball kommen zu lassen) sind Tom Moosmayer und Bekim Kastrati sofort dabei. Die Trainingslust hält sich in Grenzen, ihr Spieltrieb ist aber weiter ausgeprägt. Die Aussicht gegen uns Hobbykicker ein paar Beinschüsse (auch Tunnel genannt, das heißt Ball durch die Beine der beiden in der Mitte spielen, gilt als Höchststrafe) zu setzen, tut ein Übriges. Als wir dann noch auf kleinem Feld ein Spielchen machen, muss Trainer Michael Dämgen sie fast schon wegschicken. „Ihr habt heute Nachmittag Euer Spiel“, stellt er klar. Mit Ex-Bundesliga-Manndecker Dämgen in der Abwehr, Wirtschaftsprüfer Lothar Strücker, Fan Heiko und Installations-Unternehmer Jörg Barth im Sturm geht es gegen Markus Bayertz, Torwarttrainer Thomas Richter und Co. Verdammt, dieser Richter. Hat zwar eine kaputte Hüfte, fängt unsere Bälle aber dennoch reihenweise ab. Gelernt ist eben gelernt. Der Mann hat lange Zweite Liga gespielt.

Weil jetzt eine russische Mannschaft ungeduldig mit den Stollen schart, um endlich auf den gebuchten Trainingsplatz zu kommen, setzen wir unsere kleine Einheit — ohne Dämgen und Richter, die schließlich anderes zu tun haben - am Strand fort. Ich vergaß zu erwähnen, dass es heute erstmals in diesen Tagen wolkenlos in Belek ist. Die Sonne schafft es auch schon am Vormittag die an sich noch kühle Luft angenehm zu erwärmen.

Nicht nur deshalb ist Strandfußball sehr schweißtreibend. Ein paar WSV-Spieler, die das toller Wetter auch erstmals zum Ausflug an den Hotelstrand nutzen, sehen uns belustigt zu. Endlich schuften mal andere. Nach nur einer Viertelstunde sind alle platt. Wir verlieren leider 5:7 und müssen zur Strafe ins Mittelmeer. Strafe? „Gar nicht so übel, denken wir nach dem ersten Kälteschock. Das Wasser hat nämlich locker 16 Grad.
Gerade richtig zum Abschluss eines Kurztrainingstags mit anschließender warmer Dusche.

Die nächste Einheit gibt es erst am Nachmittag um 15 Uhr mit dem wichtigen Testspiel gegen Nord-Regionalligist Wolfsburg II. Die werde ich dann allerdings zumindest sportlich passiv vom Rand aus verfolgen.