Fußball-Regionalliga WSV: Das ganze Leben ist (k)ein Spiel

Wuppertal · Der Wuppertaler SV hat ein schweres Jahr hinter sich mit Existenzängsten und Sparzwängen.

Foto: Günter Hiege

Im WSV-Fanshop ging das Monopoly-Spiel des Wuppertaler SV - vor drei Jahren noch ein Verkaufsschlager - in diesem Weihnachtsgeschäft zum Sonderpreis an die Kunden. Symptomatisch für ein Jahr beim Fußball-Regionalligisten, das mit einer Ramschaktion begann, mit einer großen Rettungsaktion weiterging und anschließend den zweiten großen Umbruch seit der Ära Runge brachte.

Das Ziel des Spiels

Manuel Bölstler und Lothar Stücker spielen nicht mehr mit.

Foto: Otto Krschak

„Der Spieler, der am Ende nicht bankrott ist, hat gewonnen“, heißt es in der Monopoly-Kurzanleitung. Insofern hätte der WSV sein Minimalziel für 2019 erreicht. Das können nicht alle Mitspieler in der Regionalliga-West sagen. Mit Wattenscheid hat sich ein Traditionsklub verabschiedet. Wie es wirklich um den WSV steht, darüber reden die Verantwortlichen um Vorstandssprecher Alexander Eichner seit Wochen nicht. „Der bei der Jahreshauptversammlung geprägte Satz, „die Insolvenzgefahr ist unser ständiger Begleiter“ hat angesichts von rund 1,4 Millionen Euro Schulden, die im April genannt wurden, wohl weiter Gültigkeit. Noch hat offenbar kein Investor unterschrieben, der die Lage lindern könnte.

Alexander Eichner und Sportdirektor Karsten Hutwelker übernehmen.

Foto: WZ/OTTO KRSCHAK

Die Spieleröffnung

Verramscht: Christopher Kramer mit Kevin Hagemann.

Foto: Fischer, Andreas (22345680)/Fischer, Andreas (f22)

Zum Trainingsstart im Januar hieß es, es ist nicht genug Geld da, um die Spieler bis zum Sommer zu bezahlen. Topstürmer Christopher Kramer wurde unter Marktwert an Steinbach abgegeben - frei nach der Monopoly-Devise „Hilfe ich habe Schulden!“. Sechs weitere Spieler gingen ohne Ablöse. Angesichts fehlender 260 000 Euro bis Sommer reichte diese Sparmaßnahme nicht. Als eine Crowdfunding-Aktion mit breiter Fanbeteiligung binnen einer Woche tolle 130 000 Euro brachte, scheint die Rettung da. Doch über Los kommt das alte Führungspersonal nicht mehr. Ende Februar treten die Vorstände Lothar Stücker und Manuel Bölstler sowie Verwaltungsratschef Thomas Lenz zurück, weil sie ein Misstrauensvotum gegen Vorstandsmitspielerin Maria Nitzsche nicht durchdrücken können. Ex-Vorstand Alexander Eichner übernimmt als Retter und Sanierer die Spielfiguren und verkündet im Paket mit Steuerberaterin und WSV-Fan Melanie Drees erst einmal: „Es ist alles viel schlimmer. Das bisherige Wirtschaftsgutachten basiert auf unzulänglicher Datenbasis.“

Im Spiel

Retter werden gesucht. Ex-WSV-Präsident Friedhelm Runge tritt als Helfer auf. Eine strategische Zusammenarbeit wird es aber nicht. Liebe, die Runge zum Verein nach wie vor empfindet, ist es zwischen den Beteiligten ohnehin nicht. Aber so rettet sich der WSV von Zahlungsengpass zu Zahlungsengpaß. Zum Glück schafft es die Mannschaft auf dem Rasen immer wieder bis auf Los, erreicht sogar das Niederrhein-Pokalendspiel und bietet Drittligist Uerdingen vor 10 000 Zuschauern beim 1:2 ein Spiel auf Augenhöhe. Das reicht für die nächste Finanzklippe. Ein Sieg hätte auch für die nächste Saison 2018/19 die Möglichkeiten erweitert, so kann sich der WSV aber nur die Bad- und Turmstraße leisten. 300 000 Euro beträgt der Etat der Sportdirektor Karsten Hutwelker, der zunächst ehrenamtlich eingestiegen war, zur Verfügung hat. Trotzdem beginnt das neue, stark verjüngte Team mit drei Siegen. Der nächste sollte dann aber erst im letzten Spiel vor der Winterpause folgen. Die von Anfang an abgegebene Prognose, man werde gegen den Abstieg spielen, bewahrheitet sich.

Die Mitspieler

Der Personalwechsel war 2019 fast beispiellos. Auch die fünf noch aktiven Spieler, die das Spielbrett des WSV-Monopoly-Spiels zieren, wie Gaetano Manno, Christopher Kramer, Peter Schmetz, Davide Leikauf und Ercan Aydogmus, sind - teils schon länger - nicht mehr dabei. Akteure aus der erfolgreichen Jugend des WSV, die im Sommer sowohl bei A- wie B-Jugend den Bundesligaaufstieg geschafft haben, rücken nach. Die Stücker-Newger und Partner-Arena auf dem Monolopy-Spielplan ist ebenso Schnee von gestern wie die Fobeal-Werke. Fobeal-Chef Uwe Heyn, lange treuer WSV-Unterstützer, ist zum FSV Vohwinkel abgewandert, genau wie Maria Nitzsche. Eine Rekordfrequenz gab es auf der Trainerbank: Adrian Alipour, Andreas Zimmermann und Alexander Voigt sowie interimsmäßig Pascal Bieler und Karsten Hutwelker lauten die Protagonisten.

Bauen

Beim Thema Stadionbau, zu Jahresbeginn mit einem neuen Entwurf von Thilo Küpper angeheizt, ist man noch nicht weiter. Nun will die Stadt ausschreiben. Das dauert. So gut wie fertig ist dagegen die Stadionturnhalle, die als Jugendleistungszentrum dienen soll. Aktuell hat der WSV nicht mal Geld für die Innenausstattung des Kraftraums.

Perspektive

Alles hängt am Geld, wobei es sehr passend ist, dass im WSV-Monopoly die Geldscheine den bescheidenen Wert von 1 bis 500 Euro haben. Erinnert sei an das Gehalt für Andreas Zimmermann, das 1200 Euro pro Monat betragen haben soll, wie es vor dem Arbeitsgericht heißt. Alexander Voigt arbeitet aktuell ehrenamtlich. Noch ist der WSV im Spiel und wartet auf das große Los.

(gh)