Kosmetische Behandlungen Fußballer machen sich schön: Darf’s ein bisschen Tönung sein?

Hoffenheims Trainer Nagelsmann leidet an Schlupflidern — und ließ sich zuletzt deshalb kosmetisch behandeln. Kein Einzelfall — wobei das früher eher unüblich gewesen ist. Was ein Psychologe dazu sagt.

Foto: Witters (2), dpa

Augsburg. Am Tag nach dem verlorenen Liga-Auftakt gegen den FC Bayern vor zehn Tagen sah sich Holger Kliem, der Pressesprecher der TSG Hoffenheim, zu einer Stellungnahme gezwungen. Auf Twitter schrieb er: „Kleiner Insider-Tipp: Die Augenbrauen von Julian Nagelsmann sind nur getönt — kein Permanent-Make-Up, kein Botox.“

Tatsächlich: Mehr als über die Niederlage von Nagelsmanns Team wurde seinerzeit über die Augenpartie des Trainers gesprochen. Die sah sichtlich verändert aus — und Nagelsmann gestand auf der Pressekonferenz freimütig eine kleine kosmetische Nachhilfe: „Ich habe Schlupflider. Frauen dürfen sich auch immer schick machen. Da habe ich gedacht, dass man es als Mann auch machen kann.“

Sich schick machen, auf das Äußere achten — Nagelsmann ist damit nicht allein im vermeintlich so knallharten Profi-Geschäft. Nach der Weltmeisterschaft 2014 hatte sich Verteidiger Benedikt Höwedes eine Haartransplantation gegönnt. Der damals 26-Jährige stand immer dazu und sagte: „Für eine Glatze fühle ich mich noch zu jung.“

Auch Englands ehemaliger Nationalstürmer Wayne Rooney und Jürgen Klopp halfen ihrem lichter werdenden Haupthaar operativ nach. Bei Klopp, der seine neue Haarpracht einem Operatuer von der Düsseldorfer Kö verdankt, fällt zudem seit einem Jahr sein Lächeln auf. Offenbar hat der Coach des FC Liverpool seine Zähne nicht nur etwas heller machen, sondern auch kosmetische Korrekturen vornehmen lassen.

Männer, die sich mithilfe von Operationen hübsch machen — noch vor gar nicht allzu langer Zeit wäre das undenkbar gewesen. In der Branche, aber auch allgemein in der Gesellschaft. Statt Scheitel und Anzug prägten lange Nackenspoiler und Ballonseide das vermeintlich so erdige Bild des Fußballs.

Sportpsychologe Thorsten Loch ist von der Entwicklung aber nicht überrascht: „Dass sich ein Mann pflegt, ist salonfähig geworden. Auch wenn das nicht zum Image des Fußballs als hartem Kontaktsport passen mag.“ Akzeptiert werde es dennoch — allerdings nur, wenn offen damit umgegangen wird. Das helfe letztlich auch den Kickern, rät der 34-Jährige: „Die Sportler müssen sich in ihrer Haut wohlfühlen. Nur dann können sie ihre beste Leistung bringen.“

Dass sich die Profis derart mit dem eigenen Körper beschäftigen, sei auch ein Ausdruck des gestiegenen Körperkults, glaubt Loch: „Mittlerweile haben Deutschlands Fitnessstudios mehr als zehn Millionen Mitglieder.“ Zum Vergleich: Der Deutsche Fußball-Bund, der weltgrößte Sport-Verband, liegt bei sieben Millionen Mitgliedern. Zudem spielt bei Fußball-Profis noch ein anderer Aspekt mit: die Eigenvermarktung. „Bei den Fußballern kann man von Ich-AGs sprechen. Das sieht man schon anhand ihrer Social-Media-Auftritte“, sagt Loch. Jeder will das bestmögliche Bild von sich selbst abgeben, der Wettbewerb ist überall präsent. Auch das Erscheinungsbild soll optimiert werden.

Die Akzeptanz dafür kippt aber dann, wenn der sportliche Erfolg nicht mehr da ist. Kickt jemand schlechter, weil er eine Haartransplantation hatte? Das nicht. Loch aber betont: Dennoch liege es im menschlichen Wesen, diese Dinge als Ursache heranzuziehen. „Die Dinge sollen plausibel gemacht werden.“ Auf der Suche nach Erklärungen für schlechte Leistungen wird man in Bereichen fündig, die für den Sport unüblich sind. Ein Beispiel: Weil sich der englische Nationalspieler Daniel Sturridge Parfüm auf das Trikot sprühte, hagelte es nach der enttäuschenden EM 2016 Kritik für ihn. Loch gibt zu Bedenken: „Vielleicht macht Sturridge das schon den Großteil seiner Karriere — und hatte damit immer Erfolg.“