Kaymer spielt Weltelite bei US Open in Grund und Boden
Pinehurst (dpa) - Den Spott seiner Golf-Kumpel als Eintagsfliege muss Martin Kaymer nie mehr ertragen. Mit einem lächelnden Blick in den Himmel und festen Umarmungen mit Caddie Craig Connelly und Bruder Philipp genoss der nüchterne Rheinländer auf dem 18. Grün seinen zweiten Major-Erfolg.
Einen Monat nach der Players Championship spielte der 29-Jährige bei der US Open die Konkurrenz in Grund und Boden und gewann als erster Deutscher die offenen amerikanischen Meisterschaften. Sein einziger Gegner war er selbst. „Freunde hatten mich oft aus Spaß One-Hit-Wonder genannt, das konnte ich nun mit diesem Titel widerlegen“, sagte der ehemalige Weltranglistenerste, der am Montag im Ranking auf Platz elf kletterte.
Kaymer wackelte über die vier Tage kein einziges Mal, die Konkurrenz lauerte vergeblich auf einen Ausrutscher. Schon auf den letzten Bahnen schlich sich ein Lächeln in die konzentrierten Züge des Deutschen, der auch in kritischen Phasen wie ein Uhrwerk funktionierte.
Der Lohn waren 1,62 Millionen Dollar (1,2 Millionen Euro) und ein symbolisches Geschenk zum amerikanischen Vatertag. „Ich habe nichts besorgt für meinen Vater. Ich hoffe, dies ist genug“, sagte Kaymer, der seinen Sieg bei der Players am Muttertag seiner verstorbenen Mutter gewidmet hatte. Eine kleine Wasserdusche bekam Kaymer von Profigolferin Sandra Gal, die von Donnerstag an in Pinehurst bei den US Open der Damen mitspielt.
Vor ihm siegte als erster Deutscher nur Bernhard Langer bei zwei Majors - dem legendären Masters. Langer, dessen Rat Kaymer in seiner Karriere oft suchte, schickte ihm während des Turniers SMS-Botschaften. „Ich hoffe, dass ich Bernhard stolz mache. Ich hoffe, dass das ganz Deutschland stolz macht“, sagte Kaymer, der von Fußball-Nationalspieler Lukas Podolski vor dem WM-Auftakt aus Brasilien umgehend per Twitter eine Gratulation für eine „legendäre Vorstellung“ erhielt. Auch Basketball-Star Dirk Nowitzki twitterte seine Hochachtung: „Sehr imposant!“
Kaymer absolvierte am Sonntag den Par-70-Platz in Pinehurst/North Carolina in der bulligen Hitze mit 69 Schlägen und kam auf ein Gesamtergebnis von 271. Damit lag er jeweils acht Schläge vor den Amerikanern Erik Compton und Rickie Fowler. „Martin hat sein eigenes Turnier gespielt. Niemand ist die ganze Woche lang an ihn herangekommen. Wir haben alle nur um Platz zwei gespielt“, sagte Fowler anerkennend. Kaymers schwedischer Freund Henrik Stenson drückte es so aus: „Martin hat an den ersten beiden Tagen das Turnier gekillt. Er spielte zweimal 65 und ließ uns im Staub zurück.“
„Mir war wichtig, dass ich die fünf Zähler Vorsprung auch in die letzte Halbrunde tragen konnte“, sagte Kaymer über seinen Matchplan dem Internetportal „Golf.de“. „Das gelang mir vor allem durch das frühe Birdie an der Drei und das weitere an Loch 9. Es war nicht leicht, aber ich bin überglücklich und möchte mich sehr herzlich bei all der Unterstützung der Fans hier und in Golf-Deutschland bedanken. Ich werde den Pokal gut nach Deutschland bringen und freue mich riesig auf die BMW International Open in zwei Wochen in Gut Lärchenhof.“
Danach soll zu Hause mit einer großen Fete richtig gefeiert werden, kündigte Kaymer an. „Ich habe nur vier Stunden geschlafen, aber ich habe sehr viele Anrufe und SMS bekommen, das macht mich schon glücklich“, sagte er in einem Telefoninterview des TV-Senders „Sky Sport News HD“. Das WM-Spiel der deutschen Mannschaft wollte er sich in einer Bar in New York angucken.
In Köln gibt Kaymer in acht Tagen eine Pressekonferenz, bei der er im Gegensatz zum Vorjahr nur Erfolgsmeldungen überbringen wird. Vor einem Jahr gab er ein Bild des Zweifelns ab, unzufrieden mit seinem Golf und zeitweise von Heimweh geplagt auf der US-Tour. In diesem Jahr beschloss er, nur noch seinem Trainer Günter Kessler zu vertrauen und sich an seinen natürlichen Golfschwung zurückzuerinnern. Als er das Basteln an der Technik aufgab, konnte er sein Spiel wieder genießen.
Der Ratinger Marcel Siem (283 Schläge) spielte eine hervorragende US Open. Nach einer Knie-Operation und Schulterproblemen zeigte der 33-Jährige mit einer guten Schlussrunde von 70 Schlägen, zu was er fähig ist. Im vergangenen Jahr hatte er versucht, sich in Amerika zu etablieren. „Da bin ich zu naiv rangegangen und habe mir einige Backpfeifen eingefangen“, erzählte Siem. Der 43 Jahre alte Routinier Alex Cejka kam mit 297 Schlägen auf Rang 60.