Kaymer spürt Druck als Nummer 1 - Watney gewinnt
Doral (dpa) - Der Alltag hat den besten Golfprofi der Welt schnell wieder eingeholt. 14 Tage nach dem Aufstieg zur Nummer eins hat Martin Kaymer seinen Platz als Branchenprimus erstmals verteidigt.
Seinem eigenen Anspruch ist der Rheinländer mit Rang 24 bei der World Golf Championship in Florida aber nicht gerecht geworden. Doch selbst nach dem deprimierenden Ende seiner verlustreichen letzten 74er Runde ließ sich Deutschlands Golf-Star nicht zu einem unkontrollierten Gefühlsausbruch hinreißen.
Mit geradezu stoischer Gelassenheit notierte Kaymer ein Doppelbogey am letzten Loch. Nahm wie immer mit aller Höflichkeit nach 284 Schlägen die Golfkappe vom Kopf und verschwand - ohne Interview an den Kameras vorbei - in den Zuschauermassen.
Die Enttäuschung war zu groß, nachdem er zum ersten Mal seit dem Führungswechsel am 28. Februar wieder in die Konkurrenz der 66 besten Ranglistenspieler in Doral eingriffen hatte. Aber zwölf Schläge mehr als Sieger Nick Watney (272/USA) bei dem mit 8,5 Millionen Dollar dotierten US-PGA-Turnier passten Kaymer nicht ins Konzept.
Aber wenigstens reichte es, um die direkten Verfolger Lee Westwood (284 Schläge/18. Platz), Tiger Woods (280/10.) und Luke Donald (277/6.) in Schach zu halten. Allerdings war der von Kaymer entthronte Westwood der einzige, der den Rheinländer hätte gefährden können. Der Brite hätte gewinnen müssen, um wieder den Golfthron zu besteigen, auf dem er zuvor 17 Wochen residiert hatte.
An dem tückischen „Blue Monster“-Kurs biss sich Kaymer die Zähne aus. Zum ersten Mal spürte er auch den Druck, den der beste Golfprofi der Welt im Alltag aushalten muss - und der ihn in den nächsten Wochen und Monaten begleiten wird. Schon steht das Championship in Palm Harbor/Florida an.
„Ich denke nicht an den Sieg. Es wäre schön, am Sonntag noch eine gute Runde hinzulegen“, hatte Kaymer nach seiner 74er Runde am Samstag gesagt. „Ein Top-Ten-Platz würde mich schon zufriedenstellen.“ Aber selbst dieser Anspruch war am Sonntag zu hoch.
Wieder spielte ihm seine Schlägerwahl einen Streich. Drei Birdies, drei Bogeys und das Doppelbogey waren Indiz für seine Unsicherheit, das richtige Werkzeug in die Hand zu nehmen. Seine gewohnte Angriffslust konnte der Rheinländer nicht so kontrollieren und umsetzen, wie er es sich gewünscht hätte. Und wieder kam das Pech beim Putten dazu, dass ihm zu viele Schläge kostete.
Aber Kaymer hat auch erfahren, welche Aufmerksamkeit er gewonnen hat, seitdem er die Nummer eins ist. „Man genießt ein bisschen mehr Respekt von den Spielern, den Zuschauern, wird öfter als Nummer eins der Welt angesprochen. Mir macht's echt Spaß.“
Bei der Live-Übertragung der dritten und vierten Runde wurde der Branchenführer aus Europa im US-TV nur noch sporadisch eingeblendet, da die US-Profis den Sieg fast unter sich ausmachten. Dabei war Watney, der seinen ersten Titel auf der US-PGA-Tour feierte und dafür 1,4 Millionen Dollar kassierte, mit 272 Schlägen nicht zu stoppen.