100 Tage neue Handball-Führung - vieles bewegt
Oberhausen (dpa) - Die 100-Tage-Bilanz der neuen deutschen Handball-Führung liest sich wie ein erfüllter Fünfjahresplan. Gemeinsam mit Dänemark wurde die Männer-WM 2019 erworben, der Supercup wurde gewonnen, Frauen-Bundestrainer Heine Jensen langfristig gebunden und vieles mehr.
„Wenn man sieht, was wir in drei Monaten gemacht haben und in gewisser Weise verändert haben, ist das gewaltig. Aber wir stehen immer noch ganz am Anfang. Es wird in dieser Schlagzahl weitergehen müssen“, sagte Bernhard Bauer, der 106 Tage als Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB) im Amt war, der Nachrichtenagentur dpa.
Eine Verschnaufpause erhofft sich der 63-Jährige, wenn die Männer-Auswahl die Teilnahme an der WM 2015 geschafft hat. „Ich hoffe, dass es ein bisschen ruhiger wird, wenn wir unseren Generalsekretär, unser neues Konzept umgesetzt und die Qualifikation für die WM 2015 geschafft haben. Der Wille, an dem dicken Brett weiter zu bohren, ist mit Sicherheit da“, erklärte Bauer am Rande des Vier-Nationen-Turniers in Dortmund, Krefeld und Oberhausen.
Dass es zum 100-Tage-Dienstjubiläum nicht wie zwei Monate zuvor beim Supercup zum ungeschlagenen Turniersieg gereicht hat, war durch die 28:29-Auftaktniederlage gegen Österreich besiegelt. Der anschließend hohe 35:26-Sieg gegen Russland und das 32:24 (18:13) zum Abschluss gegen Island sicherten dennoch den Gesamterfolg vor Island, Österreich und Russland. „Wir haben die zwei Gesichter dieser Mannschaft erlebt“, konstatierte Bundestrainer Martin Heuberger.
Die Nationalmannschaft steht sinnbildlich für den Auf- und Umbruch seit September. Das Betreuerteam wurde umformiert und verkleinert. Die Trennung vom langjährigen Mannschaftsarzt Berthold Hallmaier sorgte für Zwist. „Ich stehe hinter dieser Verschlankung“, sagte Heuberger. Dem Ausfall vom fünf Stammkräften beim Turnier begegnete er mit den Auswahl-Debütanten Finn Lemke und Fabian Wiede. Die Spieler loben das Klima im Team, auch wenn spielerisch und in den Ergebnissen noch Wünsche offen bleiben.
Im Fokus stehen im Juni die Playoffs für die WM 2015 in Katar. Bauer lässt keinen Zweifel daran, dass die Verbandsführung ein Scheitern wie für Olympia 2012 oder die bevorstehende EM in Dänemark nicht duldet. „Wir müssen bei der WM dabei sein“, sagte der DHB-Chef. Heubergers auslaufender Vertrag steht zur Disposition. „Seine Nagelprobe ist die Qualifikation“, stellte Bauer klar. Bis dahin hat der Bundestrainer volle Rückendeckung. „Er ist unser Trainer.“ Bei den Frauen ist dieses Thema schon vom Tisch: Mit dem Dänen Heine Jensen hatte der DHB bereits vor Platz sieben bei der WM im Vormonat in Serbien den Vertrag bis zur Heim-WM 2017 verlängert.
Der Wandel im sportlichen Bereich ist offensichtlich, die Mammutaufgaben im Hintergrund aber sind nicht geringer. Auf den Gebieten Finanzen und internationale Beziehungen gibt es große Versäumnisse aufzuarbeiten. So sind im alten Etat zum Beispiel nur 1000 Euro jährlich an Merchandisingerlösen verankert. „Das ist ein lächerlicher Betrag. Da müssen wir noch viel tun“, sagte Bauer.
Im Bemühen, gegenüber dem Vorgängerpräsidium unter Ulrich Strombach nicht ungerecht zu sein, ringt Bauer zwischen einigen Schlucken Mineralwasser immer wieder nach angemessenen Worten. Doch geht es um den ramponierten sportpolitischen Ruf des DHB, wird er deutlich. „Der deutsche Handball braucht international mehr Renommee. Wir stehen nicht immer arrogant an der Seite und denken: Was brauchen wir die anderen Nationen?“ meinte Bauer. Ein Anfang sind die gemeinsame Ausrichtung der WM 2019 mit Dänemark und die Berufung von Heiner Brand als Experten in die Schiedsrichter- und Regelkommission des Weltverbandes IHF. Bauer: „Wir müssen Vertrauen schaffen in unsere Ernsthaftigkeit. Da muss man Geduld haben und nicht sagen: Hoppla, hier komme ich! Die Handball-Welt möchte, dass Deutschland vernünftig mitarbeitet.“