#Euro2016 Islands Kapitän und sein Link ins Bergische
Saint-Étienne/Wuppertal. Islands kampfstarke Fußball-Helden haben den Möchtegern-Europameistern aus Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo zum EM-Start einen mächtigen Dämpfer versetzt.
Trotz großer Überlegenheit kam der selbst ernannte Titelanwärter am Dienstagabend zum Vorrunden-Auftakt nicht über ein blamables 1:1 (1:0) gegen die spielerisch limitierten, aber enorm agilen EM-Debütanten hinaus.
Keiner dürfte dabei so nah dran gewesen sein wie BHC-Star Arnor Gunnarsson. Der wieselflinke Bundesliga-Handballer trägt nämlich nicht zufällig den gleichen Nachnamen wie einer der Kicker der isländischen Fußball-Nationalmannschaft. Arnor ist der ältere Bruder von Islands Mittelfeldakteur Aron. Die Nordmänner sind gleichwohl nicht erst seit dem Remis gegen Portugal der größte Sympathieträger der EM und natürlich der Gruppe F. Favorit, klar, ist Portugal.
Und so hatte das erste Vorrundenspiel der Ronaldo-Elf gegen den Underdog aus Island am Dienstagabend auch zunächst den erwartbaren Verlauf genommen: Nani brachte Portugal in der 31. Minute mit dem 600. Endrundentor der EM-Geschichte verdient in Führung. Birkir Bjarnason gelang jedoch fünf Minuten nach der Pause der umjubelte Ausgleich und verdarb den Portugiesen damit die Laune. Die im Team Island hingegen stieg ins Unermessliche. „Unglaublich“, sagte Mittelfeldspieler Aron Gunnarsson, der gegen Portugal die Kapitänsbinde trug. „Wir hatten einen Plan, und der ist aufgegangen. Aber es war echt harte Arbeit, denn Portugal war sehr stark.“
Bruder Arnor weilt derzeit ausgerechnet in Portugal. Dort spielt am Donnerstag die isländische Handballmannschaft gegen Portugal, das Hinspiel der WM-Qualifikation am Sonntag in Island haben sie bereits mit 26:23 gewonnen. Nach dem wichtigen Spiel geht es dann nach Frankreich. „Meine Familie hat für zehn Personen ein Haus in der Nähe von St. Etienne gemietet“, hatte der BHC-Handballer Ende Mai der WZ gesagt. Während der beiden kommenden Partien gegen Ungarn in Marseille und gegen Österreich in Paris will der 28-Jährige seine Landmänner und allen voran seinen kleinen Bruder anfeuern und hofft auf den ein oder anderen weiteren Punkt für seine Landsmänner.
Ob Island nach der erstmaligen Qualifikation für ein großes Turnier und das Remis gegen Favorit Portugal die nächste Sensation schafft und ins Achtelfinale einzieht, da war Arnor Gunnarsson vor Turnierbeginn noch sehr zurückhaltend. „Zwei, drei Punkte sind drin, vielleicht reicht das“, sagte er angesichts des Qualifikationsmodus’, der auch die besten vier Dritten in die nächste Runde einziehen lässt vor der EM. Klar sei Portugal mit Ronaldo weiterhin Gruppenfavorit, Österreich schätzt er aber mindestens genauso stark ein. „Die sind im Gegensatz zu den Portugiesen eine Mannschaft.“
Das sagt Gunnarsson auch von den isländischen Fußballern. „Das ganze Land ist stolz auf sie. Schließlich haben wir nur 320.000 Einwohner. Das ist, als ob Wuppertal eine Mannschaft stellen würde.“
Wer sind die stärksten Spieler? „Gylfi Sigurdsson von Swansea schießt unglaubliche Freistöße und Kolbeinn Sigthórsson von Nantes ist kopfballstark, einer wie früher Jan Koller“, antwortet Gunnarsson und muss auch nicht lange nachdenken, wer für ihn die EM-Favoriten sind. „Deutschland wie immer, aber auch Frankreich und ich hoffe, dass England eine gute Rolle spielt, denen drücke ich eigentlich immer die Daumen“, sagt der bekennende Manchester-United-Fan. Bruder Aron spielt bei Cardiff in Wales schließlich auch auf der britischen Insel.
Arnor wird mit seiner Frau nach der EM-Vorrunde nach Island fliegen, wo die dreijährige Tochter so lange bei den Großeltern untergebracht ist, und noch etwas Urlaub machen, bevor die Handball-Vorbereitung beginnt. gh/ull/dpa