Handball-Bundesliga Johannsson hilft dem BHC mit Vielseitigkeit
Der neue Linkshänder setzt im Rückraum die große Tradition der Isländer fort.
Nur etwas mehr als 357 000 Einwohner hat Island, doch das Land ist im Handball eine ganz große Nummer. Ragnar Johannsson ist bereits der vierte Spieler des Inselstaates, der zum Bergischen HC wechselt. Und er ist, wie die meisten seiner Vorgänger, ein ganz ruhiger, besonnener, in sich gekehrter Mensch. „Das täuscht nicht. Ich bin immer so“, sagt der 28-Jährige.
Zusammen mit Arnor Gunnarsson bildet Johannsson das isländische Duo beim Handball-Bundesligisten. Zuvor hatten bereits Runar Karason und Björgvin Gustavsson für die Löwen auf dem Feld gestanden. Letzterer jedoch war alles andere als ruhig. Der Torhüter gehörte zu den temperamentvollsten und teilweise eigenwilligsten Spielern überhaupt. Johannsson ist da ganz anders. „Er ist ein sehr disziplinierter Spieler, der sehr gut im System deckt“, sagt Trainer Sebastian Hinze über dessen Stärken. „Dazu hat er ein großes Kämpferherz.“
Die Vorzüge liegen auf beiden Seiten des Spielfeldes
Bei der Verpflichtung des Linkshänders kam es Hinze vor allem darauf an, dass Johannsson auf beiden Seiten des Feldes spielen kann, während sein Vorgänger im rechten Rückraum, Bogdan Criciotoiu, hauptsächlich durch seine Wurfstärke auffiel. So passt Ragnar Johannsson deutlich besser zur „BHC-DNA“, wie Hinze es beschreibt. Die Löwen wollen aus einer gefestigten Abwehr in Ballbesitz kommen, um mit viel Tempo nach vorne zu gehen.
Beim TV Hüttenberg war Johannsson in den vergangenen vier Jahren Teil einer 3:2:1-Deckung. „Die 6:0-Variante beim BHC ist für mich noch etwas ungewohnt“, beschreibt er ein Problem. „Ich will in der Abwehr immer einen Schritt nach vorne machen.“ Logisch, denn die Hüttenberger Variante ist die offensivere. Eine 6:0-Abwehr bleibt fast immer kompakt am Kreis stehen.
Die Abstimmung fehlt hier und da freilich auch noch im Positionsangriff. „Ich bin aber zuversichtlich, dass es keine Monate dauern wird, bis ich komplett drin bin“, sagt der Isländer, der offensiv gerne den Zweikampf sucht. Mit 1,91 Metern gehört er nicht zu den größten Spielern auf seiner Position, wird also nicht so oft über die gegnerische Deckung werfen, verfügt aber über einen sehr guten Schlagwurf. „Diese Stärke wollen wir natürlich nutzen“, sagt Hinze.
Seine persönliche Grenze hat Ragnar Johannsson beim Bergischen HC schon nach einem Monat erreicht. Im Trainingslager im österreichischen Köflach musste auch er mit dem Fahrrad einen Berg erklimmen. Er überwand die 1100 Höhenmeter auf einer Strecke von 14 Kilometern mit Strohhut, Hula-Hoop-Reifen, Schal und Stoffhose. „Das war mein Einstand in der Mannschaft“, sagt der 28-Jährige trocken. „Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt, mit dem Zeug da hochzufahren. Aber meine körperlichen Grenzen hätte ich bei der Bergetappe auch ohne die zusätzlichen Klamotten erreicht.“ Aus Hüttenberg kennt der Sportler einen solchen Willenstest nicht und stellt fest: „Es war die anstrengendste Einheit jemals.“ Mit seinem Mittelfeldplatz war er zufrieden.
Gemeinsam mit Ehefrau Sjöfn Dagmar sowie den beiden gemeinsamen Söhnen Gudjon Garri und Johann Jökull ist er nach Solingen gezogen. Johannsson: „Wir haben jetzt vier Zimmer auf 125 Quadratmetern. In Hüttenberg waren es 70. Wir fühlen uns wohl hier.“ Was auch am Nachbarn liegt, mit dem er sich gut versteht. Der neue BHC-Linksaußen, Sebastian Damm, ist ins gleiche Haus gezogen. „Wir kommen sehr gut klar, fahren auch zusammen zum Training.“
Sportlich hofft der Linkshänder auf eine erfolgreichere Bundesliga-Saison als 2017/18 mit Hüttenberg. Dem Aufstieg folgte der direkte Wiederabstieg. „Das Problem werden wir hoffentlich nicht haben. Das Spielniveau beim Bergischen HC ist einfach deutlich höher. Das merkt man sofort.“