Bundesligisten rechnen mit DHB-Team im Viertelfinale
Hamburg (dpa) - Der Einzug der deutschen Nationalmannschaft ins Achtelfinale der Handball-WM macht Appetit auf mehr. Das deutliche 29:21 gegen Montenegro hat auch in der heimischen Bundesliga Anerkennung gefunden.
„Das hat die Truppe toll gemacht. Wir können guter Zweiter in der Gruppe werden, dann ist im Achtelfinale alles möglich“, sagte Klaus Elwardt, Geschäftsführer des deutschen Rekordmeisters und Champions-League-Gewinners THW Kiel, am Donnerstag.
Auch HSV-Präsident Matthias Rudolph sieht für das deutsche Team noch kein Stopp-Signal gesetzt. „Frankreich werden wir nicht besiegen können. Aber Island oder Russland, die im Achtelfinale auf uns zukommen, sind immer schlagbar. Im K.o.-Verfahren ist vieles möglich“, meinte Rudolph. An eine Medaillenchance indes glaubt er nicht. Zudem warnt er, den Sieg über Montenegro überzubewerten. „Man muss es einordnen: Die Montenegriner haben bisher nicht ein Spiel gewonnen.“ Zudem haderte der 54 Jahre alte Apotheker mit den spielerischen Leistungen der deutschen Mannschaft insgesamt. „Das hat mich bisher nicht beeindruckt. Die Abwehr enttäuscht mich. Es ist ganz schwierig, dieses Team realistisch einzuschätzen.“
THW-Geschäftsführer Elwardt rät: „Man sollte sich hüten, alles schlechtzureden. Wir haben schließlich eine junge deutsche Mannschaft am Start, der es noch an Erfahrung fehlt. Aber die Truppe spielt einen frischen Handball. Martin Heuberger macht ein guten Job.“ Rudolph stimmt dem Einwurf fehlender Erfahrung zu, lässt das Argument Jugend aber nicht gelten. „So jung ist die Mannschaft nicht. Bei uns steht nicht ein Mann Anfang 20 auf einer Schlüsselposition wie in anderen Teams.“
Die Rivalen sind laut Elwardt heute von einem anderem Kaliber als früher. „Argentinien und Brasilien spielen echt guten Handball. Wir sehen starke Torhüter, gute Angriffsleistungen. Es gibt keinen richtigen Underdog mehr.“ Die Niederlage gegen Tunesien sei verzeihbar. „Anschließend verlieren die Tunesier gegen Argentinien, die wir geschlagen haben. Die Leistungsdichte ist viel größer geworden.“
„Das Minimalziel ist erreicht, und ich sehe eine gute Chance auf das Viertelfinale, zumal sich das deutsche Team im Spiel gegen Montenegro stabiler präsentiert hat“, betonte Dirk Beuchler, Trainer des TBV Lemgo. Dierk Schmäschke, Geschäftsführer des Bundesliga-Dritten SG Flensburg-Handewitt, bittet um Nachsicht bei der Beurteilung des Teams. „Man muss der Mannschaft die Möglichkeit geben, zusammenzuwachsen. Sie hat Potenzial, man muss ihr aber die Ruhe zur Entfaltung geben. Eine Steigerung ist schon zu sehen.“
Laut Emir Kurtagic, Trainer des VfL Gummersbach, hat die Nationalmannschaft nach der Niederlage gegen Tunesien Moral bewiesen. „Jetzt besteht sogar noch die Chance auf den Gruppensieg, was für mich fast eine Sensation wäre“, meinte der Coach. Der gebürtige Bosnier bescheinigte dem Team, von Spiel zu Spiel zu wachsen. Schwachpunkte sieht er nicht als Makel. „Defizite gibt es immer. Entscheidend ist was man daraus lernt.“
Gennadij Chalepo erinnerte an die besondere Rolle der Auswahl. „Ein gutes Abschneiden der Nationalmannschaft ist für den Handball in Deutschland insgesamt sehr wichtig“, sagte der Trainer des TuS N-Lübbecke. „Sicherlich kann sich die Mannschaft noch steigern, und bislang waren es eher Arbeitssiege, aber es ist alles im grünen Bereich.“
Die Personaldiskussion im Verband, die schon vor WM-Beginn angestoßen wurden, halten alle für kontraproduktiv. „So was macht man nicht“, befand Elwardt. Rudolph formulierte es weniger zurückhaltend: „Das halte ich für eine Unverschämtheit. Wir diskutieren über einen Trainer schon vor einer WM? Ein Unding.“