Der HSV Hamburg sucht einen neuen Trainer
Hamburg (dpa) - Es begann als Traum-Ehe und endete als großes Missverständnis: Nach der nur vom Zeitpunkt überraschenden Trennung von Per Carlén beginnt beim HSV Hamburg die Trainersuche von vorn.
„Wir werden die beste Lösung suchen“, kündigte der vom Meistertrainer zum Clubchef und Geschäftsführer aufgestiegene „starke Mann“ Martin Schwalb aus seinem Österreich-Urlaub an. Dabei schien man beim damals frischgebackenen Handball-Champion HSV genau diese gefunden zu haben. „Per war immer unser Wunschkandidat“, verkündete der damalige HSV-Boss und -Geldgeber Andreas Rudolph stolz bei Carléns Vorstellung im Juni. Nun soll er maßgeblich dessen Ablösung betrieben haben.
Wie es weitergeht, darüber hüllt man sich beim Champion derzeit in Schweigen. Bis zum Trainingsstart am 16. Januar solle eine Lösung präsentiert werden, deutete Schwalb an. Ob die Schwalb heißt, wollte der HSV-Chef nicht kommentieren. Gehandelt werden auch dessen Kumpel Michael Roth (MT Melsungen) und Ex-Auswahlkapitän Markus Baur, der - passend oder Zufall? - gerade erst bei TuS N-Lübbecke seinen Ausstieg zum Saisonende angekündigt hat. Spektakulär wäre das schon länger kolportierte Comeback des früheren Kieler Meistercoaches Zvonimir Serdarusic. Voraussetzung wäre allerdings wohl ein Freispruch im Kieler Bestechungsprozess; das Urteil dazu wird im Januar erwartet.
Hanseatisch zurückhaltend geben sich die Hamburger auch bei der Benennung der Ursachen für Carléns Aus - wohl aus arbeitsrechtlichen Gründen. Denn laut „Bild“ haben Schwalb und ein Präsidiumsmitglied dem damit überhaupt nicht einverstandenen Carlén die Trennung schon am Dienstagabend nach dem 34:29 zum Jahresabschluss gegen Frisch Auf Göppingen mitgeteilt. Da der Schwede aber noch einen Vertrag bis 2014 besitzt, droht nun eine Auseinandersetzung vor Gericht. Eine saftige Abfindung wird der HSV dem 51-Jährigen ohnehin zahlen müssen.
Gescheitert ist Carlén zum einen an der nach dem glorreichen Meisterjahr gestiegenen Erwartungshaltung: Mit acht Punkten Rückstand auf den souveränen 36:0-Punkte-Spitzenreiter THW Kiel ist der Titel schon zur Saisonhälfte praktisch futsch. Vier Niederlagen in der Liga hatte es für den plötzlich unbeständigen HSV im gesamten Meisterjahr nicht gegeben. Zum anderen wurden dem Coach wiederholt Defizite im taktischen Bereich vorgehalten: Deshalb sei bei Carléns Ex-Club SG Flensburg-Handewitt dessen damaliger Assistent Ljubomir Vranjes (heute SG-Chefcoach) für die taktische Ausrichtung zuständig gewesen.
Erschwerend kommt hinzu, dass zumindest einem Teil der Mannschaft ein gespaltenes Verhältnis zum einstigen Weltklasse-Kreisläufer Carlén nachgesagt wird. Äußern soll sich dazu derzeit offenbar niemand, zumal den derzeit urlaubenden Spielern mit der Mitteilung über das Aus für den bisherigen Coach laut Medienberichten ein Maulkorb verpasst wurde. Auf Nachfrage konnte ein HSV-Sprecher dazu am Freitag nichts sagen.