Deutsche Dominanz: Bundesliga überstrahlt WM
Leipzig (dpa) - So viel Bundesliga hat wohl nur selten in einer Handball-WM gesteckt. Deutschlands „Belétage“ stellt von 640 Spielern der 24 Teilnehmer-Nationen in Schweden alleine 91.
Auf Grundlage der vorläufigen Meldeliste vom 13. Dezember liegt der schwarz-rot-goldene Anteil damit bei rund 14 Prozent. Der Ausfall des am Fuß verletzten französischen HSV-Stars Guillaume Gille sowie das auf 17 Akteure reduzierte Aufgebot des Deutschen Handballbundes (DHB) wurden bei der Rechnung aber bereits berücksichtigt.
Spaniens Eliteklasse folgt mit 58 WM-Teilnehmern auf Platz zwei, dahinter rangiert Frankreichs höchste Spielklasse mit 38 Handballern. Und wenn der Gastgeber gegen Neuling Chile die 22. Titelkämpfe am 14. Januar in Göteborg eröffnet, liegt auch ein deutscher Hauch in der Luft - allein neun Bundesliga-Legionäre hatte Schweden vorläufig gemeldet.
Für Frank Bohmann, den Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL, ist die deutsche Dominanz nicht verwunderlich. „Jedes Jahr stellen wir den Löwenanteil. Das gibt das sportliche Spiegelbild wieder“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Auf europäischer Club-Ebene trifft das zu: In der vergangenen Saison gingen die Erfolge in Champions League (THW Kiel), EHF-Cup (TBV Lemgo) und Pokalsieger-Wettbewerb (VfL Gummersbach) allesamt an deutsche Vertreter.
Beim Blick auf die jüngsten WM-Erfolge sind die „Importnationen“ Deutschland, Spanien und Frankreich unter sich. Die „Equipe tricolore“ war 2009 erfolgreich und ist damit Titelverteidiger, 2007 bestieg die Auswahl von Bundestrainer Heiner Brand den Thron und zwei Jahre davor gelang Spanien der Coup. In Vorrundengruppe A rangeln eben diese drei Mannschaften gleich einmal gegeneinander ums Weiterkommen.
Wie attraktiv die Bundesliga ist, lässt sich daran ablesen, dass alle deutschen Nationalspieler ihr Geld in der Heimat verdienen. Von den Spaniern waren zur Meldefrist der vorläufigen 28er Kader nur drei im Ausland tätig, Frankreich zählte 18 Akteure aus der heimischen Liga zu seinem Aufgebot. Ausnahmekönner wie Thierry Omeyer (THW Kiel) oder Bertrand Gille (HSV Hamburg) ziehen aber das deutsche Parkett vor.
Bohmann freut die Anziehungskraft der Bundesliga, die auch auf einer soliden Finanzpolitik basiert. Doch vor den Schattenseiten der deutschen Ausnahmestellung verschließt er nicht die Augen. Vor allem für die Spieler, die lange im Turnier bleiben, sei die WM „sehr belastend“. Folgen für die abstellenden Vereine hat dies auch: Zeit zum Luftholen bleibt für ausgelaugte Profis wegen des engen Terminkorsetts nach den Titelkämpfen kaum. „Ich glaube auch, dass das entscheidend sein wird für die deutsche Meisterschaft, wie die Belastung für die Spieler ist“, meinte Bohmann.
Der Anteil von WM-Teilnehmern aus der Bundesliga wird sich zumindest in absoluten Zahlen noch reduzieren. Denn alle Teams müssen bis zum Turnier-Beginn ihre endgültigen 16er Aufgebote bekanntgeben. Bundestrainer Brand etwa hat dafür bis zum 14. Januar am Vormittag Zeit. Wenige Stunden später bestreitet die DHB-Auswahl ihre Auftaktpartie in Lund gegen Ägypten. Und zumindest die „Pharaonen“ bieten keinen Bundesliga-Legionär auf.