DHB-Frauen stolz auf EM-Platz sieben
Novi Sad (dpa) - Tatenlos mussten die deutschen Handballerinnen vor dem Fernseher im Hotel zusehen, wie sich das Schicksal wendete.
Zwei Stunden, nachdem sie bei der EM in Serbien durch das 25:23 gegen Rumänien die Hauptrunde ungeschlagen mit 5:1 Punkten beendet hatten, zerstörte Russland die Hoffnung auf das Spiel um Rang fünf. Der Rekord-Weltmeister setzte sich mit 31:25 gegen den Halbfinalisten Ungarn durch. Diese Sechs-Tore-Differenz reichte Russland im Fernduell mit den punktgleichen Deutschen, um bei gleicher Tordifferenz dank der mehr erzielten Treffer das Spiel um Platz fünf an diesem Samstag in Belgrad zu erreichen.
„Ich habe alles versucht, um meinem Freund Heine Jensen zu helfen“, gestand Ungarns norwegischer Trainer Karl-Erik Böhn, „aber Russland war zu stark.“ Somit hieß es am Freitag für Bundestrainer Heine Jensen und seine Frauen: Koffer packen und nach Hause fliegen. „Wir dürfen niemandem einen Vorwurf machen, denn im Endeffekt dürfen wir nur auf uns schauen“, meinte Rückraumwerferin Laura Steinbach, mit 33 Treffern beste deutsche EM-Torschützin.
Denn wie ein roter Faden zog sich das Auslassen von Chancen in der Schlussphase durch das Turnier, das die Deutschen als Siebter beendeten. Wären die Spiele nur 45 statt 60 Minuten lang, würde sich die deutsche Bilanz aus Vor- und Hauptrunde wie die eines möglichen Europameisters lesen: Fünf Siege und nur eine Niederlage. Größtes Manko: Fehlende Cleverness und Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor in entscheidenden Situationen.
„Wir können dennoch sehr stolz auf unsere Mannschaft sein. Wir haben uns von Spiel zu Spiel gesteigert. Aber mit einigen Situationen mussten wir hadern. Insgesamt war es ein klarer Schritt nach vorne“, bilanzierte Steinbach. Bei der EM 2010 und der WM 2011 war die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) jeweils in der Vorrunde gescheitert. „Wir haben eine richtig tolle Hauptrunde gespielt, mit Ergebnissen, mit denen niemand rechnen konnte“, meinte Torfrau Clara Woltering.
Wie Steinbach und ihre Tor-Kollegin Katja Schülke war die Champions-League-Siegerin wesentliche Stütze der Mannschaft. Daneben verdienten sich die 19-jährige Anne Hubinger aus Leipzig und Marlene Zapf (Leverkusen, 22) Bestnoten. Sie waren durch die Verletzungen der Stammkräfte Susann Müller, Stefanie Melbeck und Isabell Klein in den Kader gerutscht. „Wenn man diese ganze Verletzungsseuche sieht, die wir im Vorfeld hatten, muss der siebte Platz noch höher eingeschätzt werden. Perspektivisch stehen wir sehr gut da mit dieser jungen Mannschaft“, meinte die routinierte Kreisläuferin Anja Althaus.
Das sieht Coach Jensen ähnlich: „Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht mit dem Erreichten zufrieden sind, denn wir stehen noch immer mit leeren Händen da. Wir haben keine Medaille geholt. Aber wir freuen uns darüber, dass wir uns wieder zurückgemeldet haben.“
Am Sonntag geht dann noch einmal der Blick nach Belgrad, denn vor dem Bronze-Spiel und dem Finale wird der deutsche Gegner für die WM-Qualifikation im Juni 2013 ausgelost. Und wenn diese Hürde gemeistert wird, geht es wieder nach Serbien.