Fit fürs Comeback: Kraus will zur Handball-WM in Katar
Stuttgart (dpa) - Michael Kraus steht auf dem blauen Kunststoffboden der Porsche-Arena und wirkt gelöst wie lange nicht. Der 31 Jahre alte Rückraumspieler ist zurück in der Handball-Nationalmannschaft.
Endlich - aus seiner Sicht.
„Ich freue mich auf jedes Länderspiel“, sagte Kraus mit dem ihm eigenen Enthusiasmus. Bei den abschließenden WM-Tests gegen Tschechien am Freitag (20.15 Uhr) in Stuttgart und am Samstag (16.45 Uhr) in Mannheim feiert der Weltmeister von 2007 gut vier Monate nach dem Freispruch vom Vorwurf eines Dopingkontrollvergehens wohl sein Auswahl-Comeback.
Bundestrainer Dagur Sigurdsson hat dem Göppinger Rückraumspieler sogar Hoffnungen auf einen Einsatz bei der WM vom 15. Januar bis 1. Februar in Katar gemacht. „Es spricht viel für ihn. Er kann uns helfen, wenn er fit ist“, sagte der Isländer am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Stuttgart. Bei den beiden Tests in Reykjavik gegen Island (31:24; 24:25) hatte Kraus wegen Problemen im linken Oberschenkel noch gefehlt.
Der Muskelfaserriss ist auskuriert. Aus seiner Sicht steht seinen Länderspielen 119 und 120 nichts im Wege, doch der Bundestrainer will 100-prozentige Gewissheit. „Dagur fragt sehr oft, wie es geht. Ich spüre gar nichts mehr im Oberschenkel, auch nicht beim Sprint oder beim Krafttraining“, berichtete Kraus.
Fakt aber ist: Beim geringsten Anzeichen gesundheitlicher Probleme ist der Traum von der WM geplatzt. „Ich werde nur Spieler mitnehmen, die von Anfang an spielen können“, stellte Sigurdsson klar. Insgesamt wird der Isländer mit 18 Spielern zur WM reisen - und Kraus will dabei sein: „Ich bin nicht hier, um ein bisschen zu trainieren und die Spieler wieder zu sehen. Ich will nach Katar.“
Für den Spielmacher ist es auch ein Neuanfang nach einem aufregenden Jahr 2014 mit Höhen und Tiefen. Im September hat er seine Freundin Isabel geheiratet. Zwei Monate später wurde Töchterchen Zoe Helene geboren. „In den ersten Wochen habe ich gedacht, jetzt werde ich für alles bestraft, was ich mal falsch gemacht habe“, sagte Kraus scherzhaft angesichts von kurzen Nächten und vieler Anstrengungen. „Aber jetzt ist es ein Traum, wenn sie schläft, isst, lacht - alles super.“
Doch der Handball-Profi hat auch einen Tiefpunkt erlebt. Wegen des Vorwurfs, dreimal Dopingkontrollen verpasst zu haben, wurde er suspendiert. Das Sportgericht des DHB sprach ihn frei, nun aber prüft die Nationale Anti-Doping-Kommission (NADA) das Urteil noch einmal. „Wir sind überzeugt, dass die richtige Entscheidung getroffen wurde. Es war auch klar, dass die NADA das noch einmal prüft“, sagte er und fügte an: „Das habe ich zur Zeit alles ausgeblendet. Mit der Familie und der WM habe ich zwei andere Baustellen.“
Seit seiner Hochzeit hat Michael Kraus nur noch eine Trainingskontrolle gehabt. Dabei störte ihn lediglich die Uhrzeit. „Ich bin jeden Tag von neun bis zwölf Uhr und von 17 bis 20 Uhr zum Training in der Halle. Meinetwegen können die dort auch morgens und abends zur Kontrolle kommen. Aber dass die um 5.58 Uhr klingeln, muss nicht sein“, sagte der Familienvater.