Gummersbach hofft mit neuer Halle auf die Wende
Gummersbach (dpa) - Der Handball-Bundesligist VfL Gummersbach zieht bald in eine neue Halle. Der elf Millionen Euro teure Bau soll dem Verein auch sportlich frische Erfolge bescheren. Das Vorhaben ist aber nicht ohne Risiko.
Turnschuhe quietschen auf dem abgenutzten Boden, der Geruch von Schweiß hängt zwischen grünen Holzpanelen. Klaus Westebbe lehnt über der Tribünenbande. Er trägt einen roten Trainingspullover und bequeme Jeans. Unter seinem buschigen Schnauzer deutet sich ein Lächeln an. „Hier habe ich sehr, sehr viele Stunden verbracht“, sagt der ehemalige Kreisläufer und Ex-Jugendtrainer des Handball-Bundesligisten VfL Gummersbach.
Hier, in der Eugen-Haas-Halle, schrieb sein Verein einst deutsche Sportgeschichte. Zwölfmal holten die Gummersbacher den Meistertitel, in den 70er Jahren sogar viermal hintereinander. Das waren die Zeiten, als Klaus Westebbe fast täglich mit Handball-Legende und Ex-Nationaltrainer Heiner Brand in der Eugen-Haas-Halle trainierte. 1983 wurde der VfL zur „Mannschaft des Jahres“ gekürt. Zuletzt holte er 1991 den deutschen Meistertitel - in der letzten Saison, in der es eine West- und eine Ostliga gab. Im vereinten Handball-Deutschland blieben die Erfolge dann aus. Seitdem zehren Verein, Verband und Fans vom Glanz der alten Tage. Doch damit soll bald Schluss sein.
Für fast 11 Millionen Euro ist in der oberbergischen Handball-Metropole eine neue Sportstätte entstanden. In der Schwalbe-Arena will der VfL den Neuanfang schaffen. Manager Frank Flatten gibt das Mantra vor: „Reset-Knopf drücken, alte Dinge beseitigen und nach vorne gehen.“ Mit energischem Schritt und offenem Hemdskragen läuft er durch die Baustelle mitten in der Stadt, nicht einmal zwei Kilometer von der Eugen-Haas-Halle entfernt. Flattens Lederschuhe sind weiß vom Staub. Hinter ihm verklebt ein Arbeiter den letzten Rest Hallenboden. Spätestens zum Auftaktspiel am 10. August muss die Arena fertig sein - die modernste in der deutschen Handball-Landschaft, wie Flatten gerne betont.
„Das ist eine Riesenchance, die hier entsteht“, sagt er. „Die müssen wir nutzen und vernünftig arbeiten.“ Auch wenn es der Manager nicht direkt ausspricht - dem Verein geht es dabei auch ums Geld. Mit einem weitläufigen VIP-Bereich und sechs Logen soll die Schwalbe-Arena Werbepartner an den VfL binden. Das könnte frisches Geld in die Kassen spülen.
Betreiberin der Schwalbe-Arena, in der gut 4000 Zuschauer Platz haben, ist die neu gegründete Arena Gummersbach GmbH, an der der VfL beteiligt ist. Die Gesellschaft hat einen Kredit von rund drei Millionen aufgenommen. Weitere 300 000 Euro hat der Verein eingelegt. 7,5 Millionen schießen das Land Nordrhein-Westfalen und private Geldgeber hinzu.
Die Finanzierung der neuen Halle sei abgesichert, versichert Flatten. „Die ist schon so kalkuliert, dass die Einnahmen ausreichend sind“, sagt er. Weil neben dem Handball auch andere Veranstaltungen stattfinden sollen, würde sich laut Flatten die Halle sogar ohne den VfL rechnen. Für den Verein seien die laufenden Kosten außerdem nicht höher als in der alten Spielstätte. Trotzdem birgt die neue Arena auch Risiken. Mit Mühe und Not hat sich der VfL bisher in der Bundesliga halten können. Ein Abstieg würde das Interesse von Fans und Sponsoren deutlich senken - da hilft auch eine nagelneue Sportstätte nicht viel.
Solche Sorgen wischt Flatten beiseite. Alternativen hätte es ohnehin kaum gegeben. Vor einem Jahr wollte die Handball-Bundesliga dem VfL schon beinahe Heimspiele in der altehrwürdigen Eugen-Haas-Halle verbieten. Mit einer provisorischen zweiten Tribüne, zusätzlichen Fenstern und stärkeren Lampen hübschte der Club die 40 Jahre alte Halle auf. Der Verband gab noch einmal sein Okay - auch weil er wusste, dass die Gummersbacher bald umziehen würden.
Westebbe hofft, dass die Identifikation mit dem Verein in der neuen Arena wieder steigt. „Wenn ich zurückdenke, dann war das in der alten Halle immer ein Riesenereignis“, sagt er und läuft ein paar Stufen zum Kraftraum hinunter. Die neue Arena ist für ihn der richtige Schritt. Vielleicht tröstet ihn auch, dass in der Eugen-Haas-Halle nicht ganz die Lichter ausgehen werden. Sie soll weiterhin genutzt werden - als Sporthalle für Schulklassen.