Handball: Bundesliga-Saison spannend wie nie
Bremen (dpa) - Die Konkurrenz reibt sich die Hände. Der Titel-Abräumer THW Kiel ist seit langer Zeit erstmals nicht mehr alleiniger Meisterschafsfavorit in der Handball-Bundesliga.
Geht es nach Trainern und Funktionären, ist die Chance, dass diesmal ein anderer als der Rekordmeister deutscher Meister wird, groß wie nie. Zwar gehört der 18-malige Champion weiterhin zur Favoritengarde, aber andere Teams werden gleichstark eingeschätzt. Von 18 Bundesliga-Trainern gaben in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa bei möglicher Mehrfachnennung 16 ihre Stimme für den THW Kiel und 16 für die SG Flensburg-Handewitt. 14 Mal wurde der HSV Hamburg genannt, vier Trainer glauben an die Rhein-Neckar Löwen. Welch Wandel: Im vergangenen Jahr benannten noch alle den THW als Top-Favoriten.
Eine Kostprobe von der Entschlossenheit der Konkurrenz erhielt der THW beim Supercup am Dienstag in Bremen. Da gewannen die Flensburger verdient mit 29:26. „Meine jungen Spieler haben gezeigt, dass sie Qualität und keine Angst haben. Wir sind auf dem richtigen Weg“, urteilt Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes. THW-Trainer Alfred Gislason stöhnt indes: „Wir haben noch sehr viele Baustellen.“
„Die Saison ist in ihrer Konstellation die spannendste seit vielen, vielen Jahren“, schwärmt HSV-Trainer Martin Schwalb. Und so zeigt der eine Favorit mit dem Finger auf den anderen. „Der HSV hat eine Kanonentruppe“, meint Vranjes bewundernd. Was so viel heißen soll wie: Die lassen es richtig krachen! „Auf dem Papier haben sie den stärksten Kader. Sie sind breit aufgestellt und haben unglaublich viele gute Spieler“, versichert der Schwede. Schwalb nennt neben seinen eigenen Jungs Kiel und Flensburg als Titelaspiranten.
Bei den Hamburgern gilt: Nomen est omen. Als Champions-League-Gewinner weiß das Team, was es wert ist. „Wir werden um jeden Titel kämpfen“, verspricht Schwalb. „Ich meine kämpfen, nicht nur mitspielen.“ Neun neuen Profis muss der Trainer aber erst die gewünschte Spielweise an der Alster nahebringen. Das kann dauern.
„Flensburg und die Löwen haben sich nur punktuell verstärkt. Im Kern sind sie zusammengeblieben und eingespielt. Das hebt sie von den Konkurrenten ab. Die andern müssen einen grundlegenden Umbau verkraften“, lautet die Einschätzung von Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann. „Wir können uns auf eine Saison mit viel größerer Ausgeglichenheit und Spannung freuen.“
Den Flensburgern wird ein leichtes Plus zugebilligt. „Geheimfavorit ist die SG Flensburg-Handewitt, die schon im vergangenen Jahr stark war. Ljubomir Vranjes leistet dort gute Arbeit“, erklärt Trainer Niels Pfannenschmidt vom TBV Lemgo. Auch sein Kollege Kai Wandschneider von der HSG Wetzlar hält viel vom Vizemeister aus dem hohen Norden: „Flensburg wird eine große Rolle spielen und eine gute Chance haben, deutscher Meister zu werden.“
Gummersbachs Coach Emir Kurtagic hält die Kiel-Jäger für einen Umsturz in der Bundesliga nicht für reif genug. Für ihn sind die Kieler „aufgrund ihrer enormen Erfahrung leicht im Vorteil“. Das hören die Konkurrenten nicht so gern. Schließlich war der THW in den vergangenen neun Jahren achtmal Meister. Ihnen reicht's. Deshalb klammern sie sich an die Hoffnung: Alles hat ein Ende.
Bundesliga-Platzhirsch Kiel nimmt die Attacken gelassen. „Wir sind nicht der große Titelfavorit. Das sind eher die SG Flensburg-Handewitt und der HSV Hamburg“, sagt THW-Manager Klaus Elwardt artig. Und freut sich dabei diebisch: „Mal sehen, wie die mit dem Druck umgehen.“