Vorbereitung Handball: Die WM-Mission beginnt in Krefeld
Am Dienstag testet das Nationalteam der Handballer gegen Rumänien, in einer Woche startet das Turnier — wieder ohne ARD und ZDF.
Krefeld. Der König-Palast in Krefeld ist am Dienstag zum Länderspiel zwischen Deutschland und Rumänien ausverkauft. Das ist aus Sicht des deutschen Handballs schon einmal eine gute Nachricht in Zeiten, in denen wieder einmal eine anstehende Weltmeisterschaft nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen wird. Und wohl nicht einmal im Internet, was für den amtierenden und im Januar vergangenen Jahres deutschlandweit gefeierten Europameister ein gewaltiges Debakel ist. „Stand heute sind wir raus“, sagte Björn Beinhauer, Geschäftsführer von Sportdeutschland.tv am Montag, der eine letzte Bastion der Handballer-Hoffnungen war. Es braucht eine Einigung mit dem Rechteinhaber beIN Sports, eine solche war schon 2015 bei der letzten WM in Katar schwer zu verhandeln, am Ende sprang der Bezahlsender Sky ein und übertrug einige Höhepunkte unverschlüsselt. Doch auch Sky hat bis Montag kein Recht erworben.
Dass die Halle an der Westparkstraße, die am Montag nach Pinguine-Heimspiel und Nussknacker-Aufführung in der vergangenen Woche von einem Eisstadion in eine Sporthalle verwandelt worden ist, trotzdem ausverkauft ist, beweist zuerst einmal, dass Krefeld einen Sinn für Handball hat. Und auch, dass ein Umdenken bei den Öffentlich-Rechtlichen geboten scheint.
Immerhin dürfte die DHB-Auswahl des isländischen Trainers Dagur Sigurdsson auch bei der WM vom 11. bis zum 29. Januar zu den Favoriten gehören. Sigurdsson hat aus dem schwächelnden Ensemble von einst nach seinem Amtsantritt (erst) im Herbst 2014 in Rekordzeit eine junge und hungrige Mannschaft mit neuen, echten Leistungsträgern entwickelt, ist Europameister geworden und hat immer allen Widrigkeiten getrotzt. Da sammelt sich Selbstbewusstsein an. Noch dazu, weil Sigurdsson bei der WM seine Abschiedsvorstellung geben wird und besonders motiviert sein dürfte. Nach der WM wird der 43 Jahre alte Hobby-Angler gen Japan weiterziehen und die asiatischen Handballer dann auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio vorbereiten.
Wieder ist seine Mannschaft ausgedünnt, plagen Verletzungsprobleme. Die Europameister Christian Dissinger und Hendrik Pekeler verzichten auf die WM wegen zu hoher Belastung, Fabian Wiede und Martin Strobel fehlen wie Steffen Weinhold verletzt. Und wieder stört sich der Kämpfer Sigurdsson nicht sonderlich daran: „Deutschland ist die beste Nation, um solche Ausfälle zu kompensieren. Ich sehe keinen Grund, warum wir keinen guten Handball spielen können“, sagte er vor wenigen Tagen, als die knapp bemessene Vorbereitungszeit in der Sportschule im nordrhein-westfälischen Kamen begann.
Das Spiel gegen den vierfachen Weltmeister Rumänen in Krefeld ist auch deswegen so wichtig, weil es nur eines von zwei Vorbereitungspartien ist. Die Gäste sind zwar nicht für die anstehende WM qualifiziert, erhoffen sich aber von ihrem neuen Trainer Xavi Pascual die Rückkehr in Europas Handball-Elite. Anfang November hatte sein Team den WM-Dritten Polen überraschend deutlich mit 28:23 geschlagen.
Deutschland ist freilich noch viel weiter: Europameister, Olympia-Bronze — das sind die Marksteine einer Entwicklung, die nach der WM voraussichtlich der Leipziger Trainer Christian Prokop fortführen soll. Über eine Einigung mit Leipzig verhandelt DHB-Vizepräsident Bob Hanning nach dem Turnier weiter. Jetzt steht der Sport in Frankreich im Fokus: Mit Sigurdsson, der wieder seine Taktik ändern will. Errungene Erfolge hält er nicht für kopierbar. Er werde daher mit „einem weißen Blatt Papier“ anfangen und sich eine frische Strategie überlegen.
Die Zuschauer in Krefeld dürfen sich freuen: Immerhin müssen sich zahlreiche deutsche Handballer noch für den 16 Spieler umfassenden endgültigen Kader empfehlen, der sich aus einem derzeit 28-Mann-Kader ergeben wird. Mit dabei: Eine extrem starke Flügelzange mit Uwe Gensheimer, Rune Dahmke (links) und Tobias Reichmann und Patrick Groetzki (rechts).