Handball-Prozess: Angeklagte schweigen
Kiel (dpa) - Mit großem Medienrummel und dem Schweigen der Angeklagten Uwe Schwenker und Zvonimir Serdarusic hat der Handballprozess um angebliche Spielmanipulationen des THW Kiel begonnen.
Ex-Manager Schwenker und der frühere Coach Serdarusic müssen sich vor dem Kieler Landgericht wegen angeblicher Schiedsrichterbestechung beim Champions-League-Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt verantworten. Das längst zerstrittene Duo äußerte sich auf Anraten seiner Verteidiger jedoch vorerst weder zur Person noch den Vorwürfen.
Die Anklage wirft ihnen gemeinschaftliche Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Untreue beziehungsweise Beihilfe dazu vor. Um das Champions-League-Finale erstmals zu gewinnen, sollen die beiden polnischen Schiedsrichter bestochen worden sein. Das Geld soll über einen kroatischen Mittelsmann geflossen sein. Schwenker soll zudem die THW-Bilanz 2007 unrichtig dargestellt haben. Insgesamt geht es um den Verbleib von 152 000 Euro.
Mit dem Prozess betritt das Kieler Landgericht juristisches Neuland. Zum ersten Mal versucht die Justiz, Sportbetrug mit dem Wirtschaftsstrafrecht beizukommen. Die Verteidigung gab sich zuversichtlich, dass sich die Unschuld ihrer Mandanten herausstellt. Sie warf der Staatsanwaltschaft einseitige Ermittlungen vor.
Der erste Prozesstag brachte Schwenker und Serdarusic an einem Tisch zusammen, obwohl beide nicht mehr miteinander können. Schwenker saß nur drei Meter neben Serdarusic, mit dem er Titel und Pokale im Dutzend gewonnen hatte. Beide würdigten sich keines Blickes und ließen ihre jeweils im Doppelpack erschienenen Verteidiger reden.
Lediglich ein fröhliches „Guten Morgen“ hatte Schwenker beim Betreten des Saales 232 im Landgericht Kiel in die Runde geworfen, woraufhin in den Reihen der spärlich erschienenen Zuschauer Applaus aufbrandete. Serdarusic sah dagegen ernst und bedrückt aus.
Der erste Tag brachte die Anklageverlesung durch die zurückhaltend wirkende Staatsanwaltschaft, eine Erklärung Schwenkers vor den Ermittlern im November 2009 und die Aussagen einer Kriminalbeamtin. Wohin die Reise in dem Verfahren gehen wird, ist derzeit noch nicht zu erkennen. „Sollten sich erhebliche Zweifel an der Anklage ergeben, werden wir die Ersten sein, die Freispruch beantragen“, bekannte Oberstaatsanwalt Axel Goos.
Die sehr selbstbewusst auftretende Verteidigung glaubt nicht, dass es der 21 angesetzten Prozesstage bedarf, um die Unschuld ihrer Mandanten zu beweisen. „Die Anklage leidet an grundlegenden Mängeln“, sagte Schwenker-Anwalt Michael Gubitz. „Wir sind zuversichtlich.“
Vornehmlich geht es um 92 000 Euro, die just zum Zeitpunkt des Finals im Jahr 2007 vom THW Kiel an den kroatischen Spielervermittler Nenad Volarevic flossen, und um 60 000 Euro, die Trainer Serdarusic als Nothilfe für private Zwecke erhalten haben soll. Goos bezeichnete die Überweisung an Volarevic mit der Aufschrift „Transfer THW Kiel“, die anschließend an die polnischen Schiedsrichter weitergeleitet worden sein soll, als Scheinrechnung. Zudem vermutet die Anklage, dass im Jahr darauf in anderen Champions-League-Spielen weitere Schiedsrichterbestechungen versucht worden seien.
Mit den Anschuldigungen, so erklärte Schwenker in seiner vor Gericht verlesenen Aussage vom November 2009, wollte Konkurrent Rhein-Neckar Löwen nur die Transfersummen für die damals umworbenen Spieler Nikola Karabatic und Vid Kavticnik vom THW drücken. Sein Anwalt Gubitz sprach gar vom Verdacht einer versuchten Erpressung.
Serdarusics Verteidiger Erich Samson fuhr großkalibrige Geschütze auf. Er sieht in den Vorwürfen eine gezielte Kampagne der sportlichen Konkurrenz, um den THW zu schädigen.