Handball Handball-WM: Keine Fernsehbilder und ein scheidender Coach
Alles Wissenswerte rund um die am Mittwoch beginnende Handball-Weltmeisterschaft.
Paris. Ab diesem Mittwoch spielen 24 Teams — darunter auch die deutsche Nationalmannschaft — bei der Handball-Weltmeisterschaft in Frankreich. Zwei von ihnen werden am 29. Januar in Paris das Endspiel bestreiten. Hier ein Überblick über Spielorte, Perspektiven und Gegner der deutschen Mannschaft sowie die Antwort auf die Frage, warum die Spiele nur online zu sehen sind.
Wann und wo
Zwischen dem 11. und 29. Januar finden Spiele in Albertville, Brest, Lille, Metz, Montpellier, Nantes, Rouen und Paris statt. Gastgeber Frankreich bestreitet das Eröffnungsspiel am 11. Januar um 20.45 Uhr gegen Brasilien. Deutschland absolviert seine Vorrundenspiele in Rouen in Nordfrankreich. Knapp 6000 Zuschauer fasst dort die Halle, die den Namen „Kindarena“ trägt. Wo die Teams ihre Achtel- und Viertelfinalspiele austragen, entscheidet sich erst nach der Vorrunde, weil dies sich nach dem Abschneiden von Gastgeber Frankreich richtet. Der spielt nämlich ein mögliches Achtel- bzw. Viertelfinale im 27 500 Zuschauer fassenden Fußballstadion in Lille. Ab dem Halbfinale finden alle Spiele — inklusive Spiel um Platz drei und Finale — in Paris statt. Dort bietet die AccorHotels Arena 17 500 Zuschauern Platz.
Deutsche Gruppengegner
Das deutsche Team beginnt sein Turnier am Freitag, 13. Januar, um 17.45 Uhr gegen Ungarn. Dann folgen Spiele gegen die vermeintlich Kleinen, namentlich Chile, Saudi Arabien und Weißrussland, bevor die Vorrunde am Freitag, 20. Januar, mit einer Partie gegen Angstgegner Kroatien endet. Die ersten Vier einer jeden Gruppe erreichen das Achtelfinale, wo Dänemark, Schweden, Ägypten, Katar oder Argentinien mögliche Gegner des deutschen Teams sein könnten.
Deutschlands Chancen
Nicht nur, weil das Team Europameister ist und beim jüngsten 33:16-Testspielsieg gegen Österreich eine überzeugende Vorstellung lieferte, zählt die deutsche Mannschaft zu den Mitfavoriten. Sie ist in den letzten Monaten wieder zu einer international anerkannten Größe gewachsen, vor der die Konkurrenz Respekt hat. Und die Spieler sind selbstbewusst, selbst wenn Leistungsträger wie Steffen Weinhold oder Hendrik Pekeler verletzt fehlen: „Ich will Weltmeister werden“, verkündet Torhüter Andreas Wolff vom THW Kiel. Ferner zählt zu den deutschen Stärken die Breite des Kaders, die bei einem körperlich beanspruchenden Turnier am Ende entscheidend sein könnte. Einziger deutscher Nachteil: Das Team verfügt auf den wichtigen Rückraumpositionen über keinen Akteur, der zu den international ganz Großen gezählt werden kann.
Der Trainer
Es ist das letzte große Turnier, das das Team unter Dagur Sigurdsson absolviert, der die deutschen Handballer in den vergangenen zweieinhalb Jahren zurück in die Weltspitze geführt hat. Nach der WM übernimmt er die Auswahl Japans, weil er diesen Job weitgehend von seiner isländischen Heimat aus erledigen und er so häufiger bei seiner Familie sein kann. Wurde aber Sigurdsson in den Tagen vor der WM auf den nahenenden Abschied angesprochen, reagierte der 43-Jährige eher knurrig: „Das ist jetzt nicht das Thema.“ Dass die Autorität Sigurdssons durch den bevorstehenden Abgang leiden könnte, stellte Patrick Wiencek vom THW Kiel heftig in Abrede: „Was Dagur sagt, ist Gesetz“, erklärt der Kreisläufer. Bei den vorangegangenen Turnieren setzten die Spieler Sigurdssons Pläne konsequent um, der die Gegner mit ständigen Umstellungen in der Abwehr und anderen taktischen Kniffen immer wieder vor anspruchsvolle Aufgaben stellte.
Deutsches Aufgebot
Dass im Bus, der das deutsche Team am Donnerstag nach Rouen kutschiert, weniger als die 16 einsetzbaren Spieler sitzen, hat nicht nur mit der persönlichen Situation von Uwe Gensheimer zu tun. Der Kapitän war am Sonntag nach dem plötzlichen Tod seines Vaters zu seiner Familie nach Mannheim gereist, will aber zur Mannschaft stoßen, wenn er sich dazu in der Lage fühlt. Doch auch mit Gensheimer hat Dagur Sigurdsson nur 15 statt der 16 möglichen Spieler benannt. Das bietet dem Bundestrainer die Möglichkeit, jederzeit einen Handballer nachzunominieren. Ferner darf er während des Turniers noch zweimal Spieler tauschen, eine gängige Praxis bei Verletzungen. Ein heißer Kandidat für eine Nachnominierung wäre der Flensburger Holger Glandorf, 34 Jahre alt und 2007 bereits Weltmeister. Der Routinier hatte am Montag in Kassel den Test gegen Österreich bestritten, ist aber anschließend zurück nach Flensburg gereist. Doch dass Sigurdssson ihn nach Frankreich nachholt, darf als wahrscheinlich angesehen werden. Schließlich ist Glandorfs rechte Rückraumposition die einzige im Kader, die nur einfach besetzt ist, so dass hier der Hannoveraner Kai Häfner durchaus Entlastung vertragen könnte.
Kader
Tor: Silvio Heinevetter (Füchse Berlin), Andreas Wolff (THW Kiel); Linksaußen: Uwe Gensheimer (Paris Saint-Germain HB), Rune Dahmke (THW Kiel); Rückraum: Finn Lemke (SC Magdeburg), Steffen Fäth (Füchse Berlin), Kai Häfner (TSV Hannover-Burgdorf), Julius Kühn (VfL Gummersbach), Simon Ernst (VfL Gummersbach), Niclas Pieczkowski (SC DHfK Leipzig), Paul Drux (Füchse Berlin); Rechtsaußen: Patrick Groetzki (Rhein-Neckar Löwen), Tobias Reichmann (KS Vive Tauron Kielce); Kreisläufer: Patrick Wiencek (THW Kiel), Jannik Kohlbacher (HSG Wetzlar).
Übertragung der Spiele
Die gibt's hierzulande nur im Internet, nicht im Fernsehen. Nachdem die Verhandlungen zahlreicher TV-Sender mit dem Rechteinhaber beIN sports gescheitert waren, sicherte sich Handball-Sponsor DKB auf den letzten Drücker die Übertragungsrechte. Die Begegnungen werden auf der Internetseite handball.dkb.de zu sehen sein und kostenlos gezeigt. Wer allerdings nicht über eine stabile Verbindung verfügt, könnte in die Röhre schauen. Die DKB überträgt neben allen deutschen Spielen zahlreiche weitere WM-Partien.
Favoriten
Das sind in erster Linie Titelverteidiger und Gastgeber Frankreich sowie Olympiasieger Dänemark. Die Franzosen mit Nikola Karabatic und die Dänen mit Mikkel Hansen verfügen über die wohl stärksten Individualisten des Turniers. Während das große Plus der Franzosen neben dem Heimvorteil ihre enorme physische Stärke ist, bietet Dänemark eher etwas für die Handball-Ästheten. Keine Mannschaft spielt so schnell und dynamisch wie die Skandinavier. Probleme könnte den Gastgebern die Altersstruktur ihres Kaders bereiten — Rückraumspieler Daniel Narcisse ist bereits 37, Keeper Thierry Omeyer gar 40. Dänemark bekommt mitunter Probleme gegen physisch robuste und abwehrstarke Kontrahenten. Sollten die beiden Großen Schwäche zeigen, könnte dies die Chance des deutschen Teams, aber auch der Spanier oder Kroaten sein.
Neuerung
Erstmals in der Geschichte eines internationalen Männer-Turniers dürfen die Schiedsrichter den Videobeweis nutzen. Die Technik steht an allen acht Spielstätten zur Verfügung. So dürfen die Unparteiischen etwa darauf zurückgreifen, wenn es um die Frage geht, ob ein Ball im Tor war oder nicht. mit Material von dpa