Handballer hoffen auf Wintermärchen: Prokop will Charakter

Köln (dpa/lnw) - Zwölf Jahre nach dem WM-Triumph im eigenen Land hoffen die deutschen Handballer bei der Heim-Weltmeisterschaft 2019 auf ein neues Wintermärchen - auf dem Spielfeld und abseits des Parketts.

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„Wenn du Gastgeber bist, willst du so lange dabei sein wie möglich“, verkündete DHB-Präsident Andreas Michelmann am Dienstag in Köln die sportliche Zielsetzung für das Event im Januar kommenden Jahres.

Auch Bundestrainer Christian Prokop hätte nichts dagegen, nach der verpatzten EM 2018 in die großen Fußstapfen von Weltmeister-Trainer Heiner Brand zu treten. „Man hat 2007 gesehen was geht, wenn sich ein Team in einen Rausch spielt. Wir sind nicht Topfavorit, dazu ist die Weltspitze zu breit. Aber mit den Fans ist einiges möglich. Das haben wir uns auf die Fahnen geschrieben“, sagte Prokop.

Für alle Beteiligten - ob Spieler oder Trainer - ist die Heim-WM ein Highlight. Entsprechend groß ist die Motivation. „Wir wollen alles dafür tun, die Begeisterung auf die Ränge und wieder zurück zu kriegen, damit wir sportlich dann die richtige Welle treffen“, sagte Prokop.

Vier Monate vor dem WM-Auftakt am 10. Januar 2019 gegen Südkorea in Berlin nimmt das Kribbeln beim Bundestrainer langsam zu. In den vergangenen drei Wochen besuchte er alle zwölf Vereine, die Spieler für die Nationalmannschaft abstellen. „Dort gab es einen engen Austausch, bei dem Wege der verbesserten Zusammenarbeit aufgezeigt wurden“, berichtete der 39-Jährige. Dazu gehören unter anderem regionale Trainingstage im Norden, Süden und Osten des Landes.

Die heiße WM-Vorbereitungsphase wird Ende Oktober mit den EM-Qualifikationsspielen gegen Israel und Kosovo eingeläutet. Vor und nach Weihnachten folgen zwei Kurz-Lehrgänge inklusive eines Test-Länderspiels gegen Polen am 12. Dezember. Diesen Maßnahmen schließt sich das finale Trainingslager Anfang Januar mit zwei weiteren Länderspielen an. Auch wenn er die Mannschaft statt fünf Wochen am Stück nur an 20 Tagen über vier Monate verteilt beisammen habe, ist Prokop „vorsichtig optimistisch, dass wir uns optimal vorbereiten“.

Die wenige Zeit will er gut nutzen - vor allem für die taktische und mentale Schulung seiner Schützlinge: „Wir haben sehr offen und konstruktiv über die Vergangenheit gesprochen und viele gute Dinge in Bewegung gesetzt. Jetzt muss man das Ergebnis abwarten.“

Aus dem enttäuschenden neunten Platz bei der EM in Kroatien, der ihn nach knapp einem Jahr im Amt fast schon wieder den Job gekostet hätte, hat der Leipziger einige Lehren gezogen. Taktik, Kampf, Charakter, Emotion, Siegeswille - das sind seine Kernbegriffe. „Wir versuchen, die entscheidenden Puzzleteile besser zu setzen. Das kann man im taktischen Bereich sehen, aber vor allem in der Zusammenstellung der Mannschaft, die das Publikum mitreißen soll“, kündigte Prokop einige Anpassungen an.

Die DHB-Auswahl trifft in der Vorrundengruppe A in Berlin auf Weltmeister Frankreich, Brasilien, Russland, Serbien und Südkorea. Die ersten drei Teams erreichen die Hauptrunde in Köln. „Wir wollen von Beginn an mit Engagement und emotionaler Spielweise begeistern und mit der maximalen Punktausbeute dorthin“, verkündete Prokop. Das Halbfinale steigt in Hamburg, die Medaillenspiele richtet Co-Gastgeber Dänemark in Herning aus.

Gedanken an ein WM-Debakel, wie es die deutschen Fußballer im Sommer in Russland erlebten, will er gar nicht erst aufkommen lassen. „Das wäre tragisch und fatal für die gesamte Sportart“, sagte Prokop. „Dieser Verantwortung sind wir uns auch bewusst.“

Denn die WM, für die in Deutschland bisher rund 300 000 Tickets verkauft wurden, soll der Sportart mehr Popularität und Mitglieder einbringen. „Für den Handball ist das eine Riesenchance“, sagte WM-Botschafter Heiner Brand. Die muss jetzt nur noch verwandelt werden - so wie vor zwölf Jahren.