Heiner Brand: Von der Spitze weit entfernt
Interview: Bundestrainer Heiner Brand über das enttäuschende Abschneiden der Handball- Nationalmannschaft und seine Verantwortung.
Jönköping. Bundestrainer Heiner Brand ist über das Abschneiden bei der Handball-WM mit dem Spiel um Platz elf bitter enttäuscht. Im Interview spricht er über seine Zukunft, die Qualität der Spieler und die Sorge um das mögliche Verpassen der Qualifikation für Olympia 2012.
Wie sehr schmerzt das Abschneiden bei dieser WM?
Brand: Das schmerzt sehr. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war mir zwar darüber im Klaren, dass es bei diesem Turnier für uns sehr, sehr schwer werden würde. Letzten Endes ist das eine Entwicklung, vor der ich immer gewarnt habe, aber die ich auch versucht habe zu verhindern und geglaubt habe, es zu schaffen.
Wie lautet Ihre persönliche Schlussfolgerung angesichts der Tatsache, dass sie das nicht haben stoppen können?
Brand: Es ist verständlich, dass ich nach dem Turnier einiges analysieren werde und auch einiges von mir geben werde. Ich denke, das ist ein Augenblick, den man erstmal verarbeiten muss.
Einiges von sich geben heißt, Ihre Rolle als Bundestrainer?
Brand: Da kann man ja auch mal über grundsätzliche Situationen reden. Klar betrifft das auch personelle Dinge. Das sollte man zumindest mit einem kleinen Abstand machen.
Sie hatten bereits vor der WM über einen vorzeitigen Abschied nachgedacht. . .
Brand: Das ist Aufgabe des Bundestrainers, auch die eigene Rolle zu überdenken. Aber welche Gedanken ich bezüglich meiner Person habe, werde ich nicht heute bekanntgeben.
Wie könnte denn Ihre Motivation aussehen, um in Zukunft weiter zu machen?
Brand: Olympiasieger 2016. Nein, im Ernst: Es ist ja im Handball auch das Schöne, man hat direkt wieder das nächste Ziel vor Augen. Qualifikation und Europameisterschaft 2012. Motivation ist sicherlich keine Schwierigkeit.
Haben Sie eine Erklärung dafür, wie solche Niederlagen wie gegen Ungarn und Norwegen zustande kommen?
Brand: Wir haben nicht die Leute, die die Verantwortung in Spitzenmannschaften tragen. Mitspielen ist etwas anderes als Verantwortung zu tragen. Nennt mir einen. Vielleicht auch jüngere mit Perspektive. Da herrscht nämlich Schweigen hier. Und bei mir auch.
Wie weit ist die Mannschaft von der Weltspitze weg?
Brand: Wir haben in der Vorbereitung vielleicht den kommenden Weltmeister Schweden geschlagen. Wir haben nach 52 Minuten gegen den Halbfinalisten Spanien geführt. Wir haben den Europameisterschafts-Dritten Island bezwungen. So weit ist sie nicht weg. Nur ohne Konstanz kommt man nie dahin.
Wie enttäuscht sind Sie vom Auftreten von Pascal Hens?
Brand: Er hat als Kapitän sicherlich seine Rolle erfüllt innerhalb der Mannschaft. Auf dem Spielfeld hat er insgesamt gesehen nicht die Leistungen gebracht, die er sich auch wünschen würde. Aber die guten Spiele haben wir gemacht, als er sehr gut war.
Gibt es in der Mannschaft eine Hierarchie?
Brand: Ja, sicher. Aber nicht sehr ausgeprägt. Neben Dingen wie Hierarchie, Führungsfiguren und so weiter spielt auch die sportliche Qualität eine Rolle. Deswegen würde ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon sprechen, dass wir die Perspektive haben, eine Top-Mannschaft zu werden.
Was erwarten Sie von der Bundesliga?
Brand: Dazu möchte ich nicht Stellung nehmen. Wenn man sich die Situation anschaut, kann man sich einige Antworten selbst geben. Das mache ich zu einem anderen Zeitpunkt.
Wie groß ist die Sorge, das Ziel Olympia nicht zu schaffen?
Brand: Die Sorge ist berechtigt. Hier haben wir die Chance nicht mehr. Und über die Europameisterschaft als beste der noch nicht qualifizierten Mannschaften reinzurutschen, ist nicht einfach.
Die besten Zwei.
Brand: Zwei? Na, das ist ja einfach.
Gibt es etwas positives, das Sie aus dem Turnier mitnehmen?
Brand: Ja, drei gute Spiele. Aber das reicht nicht.
“ Deutschland - Argentinien Donnerstag, 17.50 Uhr/Sport 1