Kein Wunder: Kiel ist Handball-Meister, Großwallstadt steigt ab
Leipzig (dpa) - Alles war wie immer - und doch ganz anders: Der alte und neue Meister THW Kiel gewann sein letztes Saisonspiel, reiste nach Hause zur Party mit den Fans und ließ es im Disco-Look der 1970er Jahre richtig krachen.
Nur Stunden zuvor hatte der Double-Gewinner mit dem 32:29-Sieg den Bundesliga-Dino TV Großwallstadt nach 44 Jahren aus der Handball-Bundesliga geworfen und damit für den emotionalen Kontrast gesorgt. „Da verlieren wir eine große Marke“, sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL, am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa.
Zuhause in Aschaffenburg verlor der TV Großwallstadt zwei Kämpfe: Erst den um den Klassenverbleib, dann den gegen die Tränen. „Es gibt nichts Schlimmeres als einen Abstieg“, sagte Sportdirektor Peter Meisinger mit glasigen Augen, nachdem das erhoffte Wunder ausgeblieben war. „Das ist der traditionsreichste Verein, den die Bundesliga hatte. Es waren schwere Momente, den Spielern in die tränenden Augen zu sehen. Ich bin sehr, sehr traurig“, schilderte Kiels Linksaußen Dominik Klein seine Erlebnisse. Der Nationalspieler hatte einst selbst bei den Mainfranken gespielt.
Nur Stunden später ließ sich Klein mitsamt seinen Team-Kollegen auf dem Kieler Rathaus-Balkon feiern. Mit goldenen Glitzer-Sakkos, Schlaghosen und schwarzen Lockenperücken bejubelten die Double-Gewinner den Abschluss der Saison, der nur die Krönung durch die Titelverteidigung in der Champions League versagt blieb.
Vor rund 10 000 Fans war es der letzte Auftritt von Thierry Omeyer, Marcus Ahlm, Daniel Narcisse und Momir Ilic als Spieler des THW Kiel. Torhüter Omeyer (Montpellier) und Welthandballer Narcisse (Paris) zieht es in die Heimat, Rückraumspieler Ilic wechselt nach Veszprem und Kapitän Ahlm beendet seine Karriere. „Ich bin sehr, sehr traurig, Kiel und den THW nach sieben Jahren zu verlassen“, gestand Omeyer. Den Umbruch will der deutsche Rekordmeister mit den Neuzugängen Rasmus Lauge Schmidt (Bjerringbro-Silkeborg), Wael Jallouz (Hammamet) und Johan Sjöstrand (Aalborg) bewältigen.
Neben dem 18-maligen Meister haben sich die SG Flensburg-Handewitt als Zweiter und die Rhein-Neckar Löwen als Dritter für die Champions League qualifiziert. Vierter wurden die Füchse Berlin vor Champions-League-Sieger HSV Hamburg, der am Sonntag mit seinen Fans auf dem Rathausmarkt den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feiern wollte. Noch offen ist, ob Berlin und Hamburg die Chance auf die Champions-League-Teilnahme bekommen. Als Sechster qualifizierte sich der TSV Hannover-Burgdorf erstmals für den EHF-Pokal.
„Wir haben eine breite Spitze. Ich bin mit dem sportlichen Verlauf sehr zufrieden“, urteilte Bohmann. Eine Kieler Dominanz wie im Vorjahr mit 68:0 Punkten und damit verbundene Langeweile sei ausgeblieben. Zudem wurde der Abwärtstrend bei den Zuschauerzahlen gestoppt.
International haben die deutschen Clubs einmal mehr das Geschehen bestimmt. Hamburg hat als Nachfolger von Kiel die Königsklasse gewonnen, die Löwen den EHF-Pokal. Mit Kiel in der Meister-Liga und Frisch Auf Göppingen in der „Champions League light“ waren zwei weitere Bundesligisten in den Halbfinals. „Das ist gut für die Liga. Das bestätigt unseren Werbe-Claim: Die stärkste Liga der Welt tragen wir zurecht“, sagte HBL-Geschäftsführer Bohmann.
Ein wenig Sorgen bereitet ihm, dass die Qualität der Aufsteiger nur bedingt ausreicht. Denn neben Großwallstadt müssen der TuSEM Essen und der TV Neuhausen nach nur einem Jahr wieder in die 2. Bundesliga. „Die Neulinge müssen sich ganz schön strecken“, befand Bohmann. In der kommenden Saison werden der Bergische HC, der TV Emsdetten und der ThSV Eisenach um den Ligaverbleib kämpfen.