Party ohne Ende für Siege nonstop: Kiel im Titelrausch
Kiel (dpa) - Weil der THW Kiel alles gewann, was es zu gewinnen gab, drehten die Fans bei der Party auf dem Rathausplatz richtig auf. Die bierseligen Feiern gingen bis zum Morgengrauen. Da überraschte selbst Party-Muffel Alfred Gislason seine Mannschaft.
Handball-Kiel stand Kopf, als die Spieler des unbesiegbaren THW Kiel in olivgrünen Flieger-Kombis der Bundeswehr die Bühne auf dem Rathausplatz stürmten. „Wir sind die Überflieger Europas“, riefen sie den 20 000 Fans zu, die vor Vergnügen kreischten und tobten. Bis zum Morgengrauen ging es hoch her auf den Straßen der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. Schließlich konnten die THW-Anhänger gar nicht so viel feiern, wie der Rekordmeister gewonnen hatte: Supercup, Meisterschale, Champions-League-Trophäe, DHB-Pokal und dazu jeden möglichen Punkt in allen nationalen Pflichtspielen der Saison. Der THW Kiel ist fraglos das beste Handball-Team der Welt.
Es wären eigentlich fünf Partynächte nötig gewesen, um diese Übermannschaft angemessen zu ehren. „Das wird man nie wieder toppen. Ich bin ein Teil der Handball-Geschichte“, meinte Rückraumschütze Kim Andersson gerührt und war selbst ein wenig erschrocken über die Bedeutung seiner Worte. Christian Zeitz, wegen einer Fußverletzung beim letzten Spiel nicht dabei, gab sich pragmatischer. „Ich werde meinen Fuß jetzt mit Bier kühlen“, meinte der Rückraumspieler und genehmigte sich einen großen Schluck aus seinem riesigen Glas.
Da konnte sich selbst der als Party-Muffel bekannte Trainer Alfred Gislason nicht mehr verweigern. Nach dem 39:29-Sieg gegen den VfL Gummersbach, der die nie zuvor erreichte Serie der Unbesiegbarkeit von 68:0 Punkten besiegelte, hatte er in banger Erwartung der Feierlichkeiten gestöhnt: „Die nächsten Stunden sind eine ziemliche Quälerei für mich.“
Gegen Mittermacht aber legte der Isländer bei der Mannschaftfeier im italienischen Restaurant „Toni's“ im Kieler Hafen alle Hemmungen ab und eine heiße Sohle aufs Parkett, dass sich die Spieler die Augen rieben und meinten, sie seien im falschen Film. „Alfred, Alfred“, hallte es durch den Raum. Um fünf Uhr saßen noch immer einige Akteure und Wegbegleiter bei geistigen Getränken und besangen die unglaubliche Saison. Da war Gislason schon weg.
„Die Jungs können heute machen, was sie wollen“, sagte er freimütig. „Ich bin so stolz auf sie.“ Schon am Sonntagvormittag traf sich die Mannschaft im Biergarten Forstbaumschule erneut, um mit einigen Hundert Fans weiterzufeiern. Dunkle Sonnenbrillen verdeckten die Spuren der feuchtfröhlichen Nacht in den Gesichtern der Profis.
Dass Feiern auch Arbeit sein kann, musste die Mannschaft beim Autokorso erkennen. Mehr als eine Stunde brauchte das Team in den offenen Limousinen für die rund 1000 Meter von der Halle zum Rathausplatz. „Immer wieder wurden wir am Weiterfahren gehindert“, berichtete Filip Jicha. Weil auch noch eine Polizistin auf das Auto von Trainer Gislason zulief und ihn küsste, dauerte die Schleichfahrt noch länger.
Andersson hatte große Mühe, seine Tränen zu unterdrücken. Der Schwede verlässt wie Henrik Lundström, Milutin Dragicevicv, Tobias Reichmann und Daniel Kubes den Verein. „Das ist ein unglaubliches Jahr. Es fällt mir sehr schwer, nach sieben Jahren zu gehen“, meinte Andersson, der aus familiären Gründen näher an die Heimat rückt und künftig für AG Kopenhagen spielt. „Das hier werde ich nie vergessen.“