Trotz EM-Desaster Prokop will Handballer zur Heim-WM führen

Leipzig (dpa) - Mit einem Plädoyer in eigener Sache hat Christian Prokop auf der Präsidiumssitzung des Deutschen Handballbundes für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit geworben.

Wenige Stunden vor dem All-Star-Game bekundete der nach der desaströsen Europameisterschaft in die Kritik geratene Bundestrainer bei dem Treffen in einem Leipziger Hotel seinen festen Willen, die DHB-Auswahl auch zur Heim-WM 2019 zu führen. Wenig später wurde er mit den „Bad Boys“ beim Allstar-Game von den 7063 begeisterten Fans in der Arena Leipzig gefeiert, auch wenn die DHB-Auswahl in dem „Spaßspiel“ mit 39:43 (22:21) den Kürzeren zog.

„Ich habe noch einmal klargemacht, aus welchen Gründen ich den Vertrag unterschrieben habe und welche Art der Weiterentwicklung nötig ist, um diese Truppe in der Weltspitze zu etablieren“, sagte Prokop dem TV-Sender Sky Sport News HD. „Ich möchte diese Aufgabe weitermachen. Ich traue es uns auch gemeinsam zu. Aber natürlich muss man ehrlich sein: Nach diesem EM-Auftritt liegt es nicht mehr in meiner Hand.“

Wie erwartet gab es bei dem Treffen der Verbandsspitze am Freitag noch keine konkreten Ergebnisse. „Es ist definitiv keine Entscheidung gefallen. Wir sind heute in die Analyse eingestiegen“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer der Deutschen Presse-Agentur.

Über die Zukunft des 39 Jahre alten Prokop, der einen langfristigen Vertrag bis 2022 besitzt, soll erst in den kommenden Wochen entschieden werden. „Wir haben zu keiner Zeit an seiner fachlichen Kompetenz gezweifelt“, sagte Liga-Präsident Uwe Schwenker. Es gelte aber, die EM und die „eine oder andere atmosphärische Störung“ aufzuarbeiten.

Die Frage, ob der DHB mit ihm weitermacht oder nicht, empfindet Prokop selbst „zu hundert Prozent legitim“. Er hofft dabei auf eine gründliche und faire EM-Analyse durch die Verbandsführung. „Es wird entscheidend sein, dass man eine ehrliche Aufarbeitung macht, viele Seiten zu Wort kommen lässt und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Ich kann nur hoffen, dass keine vorgefertigte Meinung in den Köpfen herrscht“, betonte Prokop, „dass es keine Engstirnigkeit und Kurzsichtigkeit gibt, sondern dass man mit Nachhaltigkeit eine Entscheidung treffen will.“

Gleichzeitig bekannte der Bundestrainer, bei der Endrunde in Kroatien Fehler gemacht zu haben. Dazu gehöre vor allem die Nichtnominierung von Abwehrchef Finn Lemke, die auch intern für große Aufregung gesorgt hatte. „Das habe ich im Vorfeld nicht bedacht“, sagte Prokop. „Ich habe die Charaktereigenschaften und die Stellung von Finn Lemke innerhalb der Nationalmannschaft unterschätzt. Er ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Teams. Künftig brauchen wir solche Typen, die die Mannschaft führen.“

Zudem räumte Prokop ein, dass sich im Turnierverlauf seine eigene Unzufriedenheit gesteigert hat. In der Vorrunde sei das Coaching noch motivierend gewesen, in den Hauptrundenspielen habe er aus der Enttäuschung und Frustration über die schlechten Leistungen heraus die Spieler mehr kritisiert. „Ob das ein Fehler ist oder ein Erfahrungswert, müssen andere beurteilen“, sagte Prokop.

Kritik übte er an der aus seiner Sicht teilweise unsachlichen Kritik an seiner Person. „Was in den letzten zehn Tagen passiert ist, war teilweise sehr unmenschlich. Da gab es Halb- und Unwahrheiten“, beklagte Prokop.

Rückendeckung erhielt Prokop von Liga-Präsident Uwe Schwenker. „Die Person Christian Prokop ist für mich völlig unantastbar. Und ich glaube auch für alle beteiligten Präsidiumsmitglieder, sowohl der Handball-Bundesliga als auch des Deutschen Handballbundes“, sagte Schwenker der Deutschen Presse-Agentur.

„Wir haben eine Fürsorgepflicht Christian Prokop gegenüber. Wir haben uns seinerzeit ganz bewusst für die Personalie Christian Prokop entschieden. Und wir haben zu keiner Zeit an seiner fachlichen Kompetenz gezweifelt“, sagte Schwenker.

Jetzt gelte es aber, die EM aufzuarbeiten, vor allem die auch nach außen sichtbar aufgetretenen atmosphärischen Störungen zwischen Prokop und dem Team. „Das muss man jetzt herauszuarbeiten, was da gewesen ist, kommt man miteinander klar“, sagte Schwenker. Der DHB will in den kommenden vier bis sechs Wochen neben den Gesprächen mit der Bundesliga auch mit Prokop und der Mannschaft reden.