Starker Abwehrriese Finn Lemke: Ein Leben in Übergröße

Breslau (dpa) - Die Betten sind zu kurz, die Türen zu niedrig: Abwehrriese Finn Lemke hat bei der Handball-EM in Polen auch abseits des Spielfeldes diverse Herausforderungen zu meistern.

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Mit seinen 2,10 Metern eckt der Magdeburger ständig an - insbesondere mit dem Kopf. „Leider zu häufig“, gibt er zu. Da ist es aus seiner Sicht toll, dass wenigstens in der Kabine der Jahrhunderthalle Abhilfe geschaffen worden ist. „Die Ecken und Kanten sind mit Schaumgummi abgeklebt. Da ist auf jeden Fall die Gefahr geringer“, berichtet der 23-Jährige.

Die für ihn zu kurzen Betten im Teamhotel sind da ein weit geringeres Problem. „Das kenne ich ja. Wichtig ist, dass die offen sind unten und dann kann man gut schlafen“, sagt Finn Lemke. Er lebt in Übergröße und es ist für ihn normal. Klamotten kaufen von der Stange? Fast nie. „Internet“, heißt sein Laden. „Ich habe im Freundeskreis auch größere Leute. Die haben mir dann ein paar Tipps gegeben“, erzählt er.

Wenn man Finn Lemke spricht, spricht er leise und wirkt schüchtern. Da ist er ein weicher Riese. Ganz im Gegensatz zu seinem Auftreten auf dem Spielfeld. An zentraler Stelle in der Defensive, dem sogenannten Innenblock, leistet der gebürtige Bremer Schwerstarbeit. Verschieben nach links, verschieben nach rechts, sich mit dem ganzen Körper dem gegnerischen Spieler entgegenstellen. Dazu die Mitspieler anfeuern, motivieren, mitreißen. „Er hat Feuer in den Augen. Er hat eine gute Ausstrahlung, eine gute Präsenz. Er reißt die anderen mit. Ich freue mich, dass er so spielt“, lobt der verletzte Kapitän Steffen Weinhold den Hünen.

In den fünf Spielen der EM hat sich Finn Lemke unverzichtbar gemacht, nachdem er zuvor gerade einmal 17 Länderspiele bestritten hatte. Hinter dem Rückraumspieler fühlt sich Torhüter Andreas Wolff wohl. „Es fühlt sich sehr gut an, weil er ein sehr, sehr guter Abwehrspieler ist, der ein großartiges Turnier spielt. Man kann sich nur glücklich schätzen, dass man so einen Spieler in seiner Mannschaft hat“, sagt er anerkennend.

Ein Spiel, wie das Nerven aufreibende 30:29 gegen Russland, lässt ihn dann nicht zur Ruhe kommen. Runter zu kommen, sei schwierig. Auch wenn er kurz nach der Partie ruhig wirke, brodele es noch in ihm. Zumal er durch eine Grippe ohnehin geschwächt war. „Der Körper braucht einfach ein bisschen Zeit, gute Ernährung, auslaufen, ausdehnen, um dann runterzukommen. Aber Schlaf ist dann immer noch schwierig“, erzählt Lemke. Da helfe ihm Musik zum chillen und das Ansehen von Bildern seines Hundes, eines fünf Monate alten Dalmatiner-Rüden.

Vor der laufenden Saison ist Lemke nach vier Jahren beim TBV Lemgo zum SC Magdeburg gewechselt. Dort hat er ein Studium im Fach Soziale Arbeit begonnen. Er möchte anschließend mit behinderten Menschen arbeiten. Mit seiner 22 Jahre alten Freundin Jacqueline hat er eine Wohnung östlich der Elbe unweit des Zentrums bezogen. Mit ihr teilt er auch die Vorliebe fürs Kochen. „Meine Spezialität ist weißes Fleisch“, sagt er. Nur hin und wieder gibt es mal eine Pizza. Und sollte er mit der Nationalmannschaft das EM-Halbfinale erreichen, kommt eventuell auch mal ein Burger auf den Tisch.