Wertlos oder aufschlussreich? - Brand testet
Leipzig (dpa) - Der Glanz von einst ist weg. Und Bundestrainer Brand wohl auch bald. Dennoch stehen die deutschen Handballer bei den Fans weiter hoch im Kurs. Gegen Norwegen testet der Weltmeister von 2007 seine Form vor den wichtigen EM-Qualifikationsspielen.
Den 25. Januar 2011 würden die deutschen Handballer am liebsten aus ihrem Gedächtnis streichen. Im schwedischen Jönköping erlebte der Weltmeister von 2007 mit der 25:35-Hauptrundenpleite gegen Norwegen seinen vorläufigen Tiefpunkt und läutete mit WM-Platz elf und der schlechtesten Platzierung in der Ära Heiner Brand wohl dessen Abschied als Bundestrainer ein. Doch das Debakel ist knapp elf Wochen danach Schnee von gestern. Zumindest in der offiziellen Lesart. „Diese Niederlage haben wir nicht vergessen, aber wir denken nicht über eine Revanche nach“, sagte Brand vor den beiden Testspielen am Samstag in Rostock und tags darauf in Schwerin.
Ausgerechnet gegen jene Norweger will sich die DHB-Auswahl Selbstbewusstsein für die entscheidenden EM-Qualifikationsspiele holen - und sicher auch Wiedergutmachung betreiben. Der Optimismus, den WM-Neunten in die Schranken zu weisen, ist jedenfalls da. Zwei Siege hält Brand für möglich, „auch wenn es schwer wird“. Doch angesichts der immensen Personal-Fluktuation drohen die Länderspiele zum Muster ohne Wert zu werden.
Denn in Kapitän Pascal Hens, Sebastian Preiß, Christian Sprenger, Uwe Gensheimer sowie Holger Glandorf und Michael Kraus sagte gleich eine ganze Stammbesetzung ab. Zudem hatte Keeper Johannes Bitter seine Auszeit von der Nationalmannschaft verkündet. „Mit Blick auf EM-Qualifikation kann man angesichts der Ausfälle nicht wirklich von einem Test sprechen. Aber es ist immer etwas Besonderes, bei der Nationalmannschaft dabei zu sein. Und die, die hier sind, haben es sich verdient“, sagte Stammkeeper Silvio Heinevetter von den Füchsen Berlin.
Neben Heinevetter stehen somit in Ersatz-Kapitän Oliver Roggisch, Adrian Pfahl, Michael Haaß, Lars Kaufmann, Sven-Sören Christophersen, Dominik Klein und Jacob Heinl nur acht WM-Spieler im Kader. Ein entscheidender Erkenntnisgewinn Brands für die Alles-oder-Nichts-Partien gegen Österreich und Lettland scheint da kaum möglich. Brand sieht das aber anders: „Das ist die Chance für die anderen, sich zu zeigen. Wir werden neue Aufschlüsse erhalten.“
Der Spaßfaktor beim Lehrgang sei groß. „Es ist immer eine Abwechslung zum Liga-Alltag, wenn man zur Auswahl fährt“, betonte Heinevetter. Obwohl die großen Namen fehlen, ziehen die Handballer bei den Fans immer noch. Das Spiel in Rostock ist ausverkauft, und auch in Schwerin wurden schon mehr als 4000 der 6000 Karten abgesetzt.
Die Tests gegen Norwegen dienen der Vorbereitung auf die letzten Partien in der EM-Qualifikation am 8. Juni gegen Österreich und am 12. Juni gegen Lettland. Mit drei Punkten aus diesen beiden Spielen wäre das DHB-Team sicher für die EM 2012 in Serbien qualifiziert. Die kontinentalen Titelkämpfe sind die letzte Chance, noch ein Ticket für die Olympischen Spiele 2012 zu ergattern.
An ein Scheitern in der EM-Qualifikation verschwendet Heinevetter „absolut keine Gedanken“. Zudem liegt derzeit der Fokus auf dem Endspurt in der Bundesliga. „Wenn die letzten Spiele vorbei sind, dann beschäftigen wir uns mit Österreich“, meinte Heinevetter.