Zwischen Lob und Tadel: DHB-Team Turniersieger
Oberhausen (dpa) - Zum Abschluss wurde es gemütlich. Die deutschen Handballer ließen das erfolgreiche, aber stressige Vier-Nationen-Turnier auf Kosten des Verbandes in familiärer Runde mit Frauen und Freundinnen in einem Oberhausener Restaurant ausklingen.
„Und noch ein bisschen an die Bar, das brauchen wir jetzt“, sagte Bob Hanning, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB), und fügte an: „Wir wollen uns alle noch ein bisschen besser kennenlernen.“
Dem Teambuilding auf Wohlfühlart vorangegangen war der Gesamterfolg beim eigenen Turnier zum Jahresauftakt. Im illustren Feld mit drei EM-Teilnehmern setzte sich der nicht für die EM qualifizierte WM-Fünfte dank der besseren Tordifferenz vor Island, Österreich und Russland durch. Ausschlaggebend waren die unerwartet hohen Siege gegen Island am Sonntag mit 32:24 (18:11) sowie gegen Russland am Tag davor in Krefeld mit 35:26 (17:10). Damit machte das DHB-Team die 28:29 (14:17)-Auftaktpleite gegen Österreich wett.
„Ich bin eigentlich sprachlos. Vor zwei Tagen war es pfui, jetzt hui. Ich bin selbst überrascht“, gestand Bundestrainer Martin Heuberger. Zwei Monate nach dem Gewinn des Supercups hat seine Mannschaft trotz der Ausfälle von fünf Stammkräften erneut gezeigt, dass sie konkurrenzfähig ist - wenn Einstellung und Einsatz zu 100 Prozent stimmen. „Wir können nur gut Handball spielen, wenn alle im Kopf dazu bereit sind“, analysierte der Bundestrainer. Neuerlich unter Beweis stellen kann sein Team dies bei den Länderspielen am Wochenende in Tunis und Hammamet gegen Tunesien.
Die Handballer haben Werbung in eigener Sache betrieben, die Anhänger in den gut gefüllten Hallen quittierten dies dankbar mit Standing Ovations. Doch längst ist nicht wieder alles Friede, Freude, Eierkuchen. „Wenn wir nicht fokussiert sind, sind wir mittelmäßig“, erklärte Hanning schonungslos. Wie Matthias Sammer beim FC Bayern München will der DHB-Leistungssportchef erst gar keine Spur von Zufriedenheit aufkommen lassen. „Wir brauchen uns nicht auf die Schultern zu klopfen, weil wir das Turnier gewonnen haben. Die anderen fahren zur EM, wir bleiben zu Hause“, stellte er klar.
Der verkrampfte Auftritt gegen Österreich wurmte ihn mächtig, die folgenden Siege will er auf keinen Fall als Reaktion verstanden wissen: „Sowas wie gegen Österreich will ich nicht noch einmal sehen. Was die Mannschaft gegen Russland und Island gezeigt hat, ist der Standard. So muss das sein. Darauf kann man aufbauen.“
Gradmesser für die deutsche Mannschaft, die nach Olympia 2012 auch die bevorstehende EM in Dänemark verpasst hatte, ist einzig die Qualifikation für die WM 2015 in Katar. Dafür muss im Juni in zwei Spielen ein Kontrahent ausgeschaltet werden, der am 26. Januar am Rande der EM ausgelost wird. „Es zählt nur die Qualifikation. Da haben wir Druck. Den müssen wir als Rückenwind verstehen, nicht als Gegenwind“, sagte Hanning.
Doch ebenso wie der Bundestrainer hat auch er Fortschritte in der deutschen Nationalmannschaft gesehen. Vor allem das neu formierte Abwehrzentrum mit Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler hat überzeugt. „Da steckt eine Idee dahinter“, sagte Hanning.
Für den Bundestrainer war nicht allein der Innenblock lobenswert. „Ich war sehr zufrieden mit der Entwicklung der Mannschaft. Wir sind in der Breite gut aufgestellt und haben gute Nachwuchsspieler, die wir behutsam aufbauen müssen“, befand Heuberger angesichts des couragierten Auftritts der Debütanten Finn Lemke und Fabian Wiede sowie des talentierten Kai Häfner und der Torhüter Martin Ziemer und Dario Quenstedt.