Ilgner analysiert Hoeneß-Rücktritt aus 'Hall of Fame'
Berlin (dpa) - Der Fall des Steuersünders Uli Hoeneß war für die Stiftung Deutsche Sporthilfe als Betreiberin der Hall of Fame des deutschen Sports ein heikles Thema.
Nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe kam Hoeneß einem möglichen Ausschluss aus der Ruhmeshalle jetzt zuvor und legte seine Mitgliedschaft nieder. In einem dpa-Interview äußert sich Sporthilfe-Chef Michael Ilgner dazu.
Sie sagen gern, auch gebrochene Biografien könnten lehrreich sein. Unmittelbar nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe drohte Uli Hoeneß der Ausschluss aus der Hall of Fame des deutschen Sports.
Wie steht es jetzt um seine Mitgliedschaft in der Ruhmeshalle?
Michael Ilgner: Uli Hoeneß hat aus eigenem Antrieb die Auszeichnung mit der 'Goldenen Sportpyramide' niedergelegt. Dies hat er jetzt Vertretern der Sporthilfe gegenüber mitgeteilt. Seine Mitgliedschaft in der 'Hall of Fame' war gebunden an die Verleihung der 'Goldenen Sportpyramide', die er 2009 in Berlin für sein Lebenswerk entgegen genommen hat. Mit der Niederlegung dieser Auszeichnung endet automatisch auch die Mitgliedschaft in der 'Hall of Fame', da diese daran gekoppelt ist. Hoeneß hat mit seinem Schritt dieses Thema zunächst einmal für uns beendet.
Dieser Schritt erspart Ihnen, unangenehme Konsequenzen ziehen zu müssen. Wie bewertet denn die Deutsche Sporthilfe Hoeneß heute?
Michael Ilgner: Wir sind als Institution ihm gegenüber nicht unvoreingenommen, sogar parteiisch, das muss ich einfach so sagen. Mitglieder unserer Gremien sind ihm zum Teil langjährig eng verbunden. Die Deutsche Sporthilfe hat, wie viele andere im Sport, durch den FC Bayern München unter der Führung von Uli Hoeneß, und auch von ihm persönlich in einer Art und Weise profitiert, die einzigartig ist. Es hat viele Aktionen gegeben, die uns, nicht nur finanziell, sehr geholfen haben und die auch für unsere Athleten sehr wertvoll waren. Dennoch haben wir nicht so getan, als wäre nichts gewesen, sondern natürlich früh versucht, mit der Situation und ihren Auswirkungen richtig umzugehen.
Richtig umgehen hätte doch nur heißen können, Hoeneß auszuschließen, weil er als Persönlichkeit des deutschen Sports mit Leitbild-Funktion nicht mehr tragbar war, oder?
Michael Ilgner: Medien-Meldungen über die Möglichkeit der Aberkennung der Mitgliedschaft von Uli Hoeneß waren völlig verfrüht - es gibt auch andere Optionen. Die 'Hall of Fame des deutschen Sports' wird getragen von uns, der Deutschen Sporthilfe, aber auch vom Deutschen Olympischen Sportbund und vom Verband Deutscher Sportjournalisten. Schon zur Gründung der 'Hall of Fame' im Jahr 2006 wurde festgelegt, dass eine Mitgliedschaft überprüft werden kann, wenn neue Erkenntnisse dies erfordern. Für Überprüfungen zuständig ist eine unabhängige Jury. Wir wollten, abgestimmt mit den beiden anderen Trägern, die Jury anrufen. Aber dazu kam es nun erst gar nicht. Am Ende, so meine ich, widerspricht die Geschichte von Uli Hoeneß nicht der Ausgangsidee der 'Hall of Fame', sondern unterstreicht sie eher. Der tiefere Gedanke war und ist, Diskussionen nicht aus dem Weg zu gehen, sondern anzuregen.
Zu diesen Diskussionen kam es nun nicht, weil Ihnen Hoeneß praktischerweise die Entscheidung abgenommen hat. Vor dem Hintergrund der gebrochenen Biografien noch mal die Frage: Gehört denn eine Ausnahmeerscheinung des deutschen Fußballs wie Uli Hoeneß Ihrer Meinung nicht in die Hall of Fame?
Michael Ilgner: Man kann das so sehen. Die Geschichte der Fußball-Bundesliga, ja sogar die des gesamten deutschen Fußballs, wäre ohne das Wirken von Uli Hoeneß heute eine ganz andere. Die 'Hall of Fame' ist ein Erinnerungsforum der deutschen Sportgeschichte und versammelt die Größen des deutschen Sports. Uli Hoeneß ist ohne Zweifel einer der ganz Großen des deutschen Sports. Inwieweit er in die 'Hall of Fame' hinein gehört, obliegt der Entscheidung einer unabhängigen Jury, die sich mit diesem Thema befassen muss. Aktuell ist die Entscheidung durch den Schritt von Uli Hoeneß erst einmal gefallen.
ZUR PERSON: Der 43 Jahre alte Dr. Michael Ilgner ist seit dem 1. März 2006 Vorsitzender der Geschäftsführung der Stiftung Deutsche Sporthilfe und in dieser Funktion Mitglied des Vorstands. Ilgner promovierte an der Technischen Hochschule Karlsruhe als Wirtschaftsingenieur und war bereits vor seiner Beförderung zum Chef viele Jahre mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe verbunden. Als Mitglied der deutschen Wasserball-Nationalmannschaft zählte der Olympia-Teilnehmer von 1996 insgesamt knapp acht Jahre zu den von der Sporthilfe geförderten deutschen Elite-Sportlern. Mit dem deutschen Team holte er 1995 in Wien EM-Bronze.