Interview: „Madrid ist nicht der BVB“

Norbert Dickel ist Ex-Profi, Stadionsprecher und Eventmanager bei Borussia Dortmund. Ein Gespräch über die Liebe zum Verein. Und den Titel.

Dortmund. Norbert Dickel ist im Stress. Es klopft, das Telefon klingelt, ein Mitarbeiter will seinen Bundesliga-Tipp für ein Magazin. Der viel besungene „Held von Berlin“, der Borussia Dortmund 1989 mit zwei Toren zum Pokalsieg gegen Bremen (4:1) führte, erlebt aufregende Tage. Dickel ist Kult — und Dortmund bald Meister. Zehn Minuten für ein Gespräch.

Norbert Dickel, wie fällt denn der Tipp für Samstag aus, Gladbach gegen Dortmund?

Norbert Dickel: 1:3.

Leverkusen gegen Hoffenheim?

Dickel: 1:1 natürlich.

Dann ist Dortmund am Samstag Meister. Und dann?

Dickel: Feier’ ich. Einfach feiern, egal wo — und am besten dort, wo ich gerade bin.

Die Vorbereitungen der Meisterfeier. . .

Dickel: . . . laufen mit angezogener Handbremse, weil nichts hundertprozentig klar ist. Wir denken von Spiel zu Spiel.

Klingt nach Klopp.

Dickel: Mit der Meisterfeier hat der aber nichts zu tun.

Aber die Belastung für das Umfeld steigt, oder?

Dickel: Alle drei Minuten klingelt das Telefon. Ich habe keine Karten mehr für das Frankfurt-Spiel, alles Mist (seufzt). Aber das ist wohl mein Problem.

Wann ist Ihre Liebe zu diesem Verein erweckt worden?

Dickel: Von Kindesbeinen an war ich BVB-Fan, dann der Wechsel zum BVB. Im Sauerland gibt es nur Blau-Weiß oder Gelb-Schwarz — und Blau-Weiß habe ich nie gemocht. Das wird anhalten.

Der Wechsel zum BVB war Ihr Kindheitstraum?

Dickel: Ich spielte in Köln beim 1. FC , dann haben wir in Dortmund verhandelt. Normalerweise sagt man: Ich schlafe noch eine Nacht darüber. Aber ich habe zu meinem Berater gesagt: Was soll ich denn da noch warten? Lass’ uns das Ding unterschreiben. Sofort.

Wie sieht ein Abend nach dem Spiel für Sie aus?

Dickel: Ich trinke noch zwei Bier, dann fahre ich nach Hause, weil ich platt bin. Büro, Ablaufbesprechung, Stadionsprecher, Fan-TV, Kommentar im BVB-Internetradio. Das ist manchmal auch zu viel. Aber das lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Dafür werde ich nach so langer Zeit noch von den Fans erkannt. Das findet der eine oder andere nicht erstrebenswert. Ich finde das geil.

Erleben Sie in Dortmund gerade die schönste Zeit?

Dickel: Wenn Du Angst haben musst, dass du morgen noch deinen Job hast, ist es nicht schön. So war es vor fünf Jahren. Damals hatten wir hier alle Angst.

Wie wird ein Fußball-Profi Stadionsprecher?

Dickel: Indem der Ex-Präsident Niebaum sagt: Du machst das jetzt. Ich habe gesagt: So etwas habe ich noch nie gemacht. Er: Das kannst du schon. Ich bin ein alter Wittgensteiner, ich hatte keine Angst.

Haben Sie in Ihrer Karriere einen ähnlichen Trainer wie Jürgen Klopp erlebt?

Dickel: Sowas wie Jürgen Klopp gibt es nicht zweimal. Er passt wie die Faust aufs Auge hierher. Wir finden uns sympathisch, glaube ich. Er respektiert meinen wie ich seinen Job. Er sorgt für die Mannschaft, ich für die Stimmung im Stadion.

Wie lange machen Sie das?

Dickel: Bis sie mich rausschmeißen. Und danach gehe ich immer noch ins Stadion.

Kann diese Mannschaft nach dem großen Erfolg auch auseinander brechen?

Dickel: Es wäre ja das erste Mal im Weltfußball, wenn Spieler einer erfolgreichen Mannschaft nicht gejagt würden.

Nuri Sahin soll ein Angebot von Real Madrid überdenken.

Dickel: Ich kann Nuri einen Tipp geben: Madrid ist nicht der BVB. Hier hat er das Paradies. Wenn ich sein Berater wäre, würde ich mir aber genau überlegen, ob ich mich mit Real unterhalte, oder ob ich versuche, Nuri langfristig in Dortmund zu positionieren. Hier passt er rein. In Madrid spielen sechs Leute auf der Sechser-Position. Mit der tollen Mannschaft als Chef in der Königsklasse zu spielen, macht mehr Spaß, als bei einem der tollsten Vereine der Welt auf der Bank zu sitzen.