Interview mit Sebastian Kehl (BVB): „Wir wollen Meister werden“

Dortmunds Kapitän Sebastian Kehl sieht keinen Grund zur Zurückhaltung. Und sich dabei einig mit Trainer Jürgen Klopp.

Dortmund. Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund steuert auf die siebte Meisterschaft zu. Und das fast ohne Zutun ihres Kapitäns Sebastian Kehl. Der leidgeprüfte 31-Jährige stand in dieser Saison nur 230 Minuten auf dem Platz, zuletzt die letzten fünf Minuten im Spiel gegen den FSV Mainz 05 (1:1). Kehl sieht sich noch lange nicht am Ende seiner Karriere.

Hat der „Kindergarten“ um Sie herum eigentlich schon einmal gefragt, wie es sich anfühlt, Meister zu sein? Sie haben das ja 2002 schon erlebt, Mario Götze muss damals in der E-Jugend gespielt haben.

Sebastian Kehl: Nein, für Emotionen dieser Art wäre es auch zu früh. Innerhalb der Mannschaft konzentrieren wir uns auf die anstehenden Aufgaben. Alles andere wäre fahrlässig

Aber Sie haben doch als erster Spieler der Mannschaft schon einmal von der Meisterschaft gesprochen.

Kehl: Ja, das war abgestimmt mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc. Der Sieg bei den Bayern war ein großer Schritt. Wir würden uns ja unglaubwürdig machen, wenn wir nicht vom Titel reden. Der Trainer spracht ja jetzt selbst von der Meisterschaft. Es ist unser Ziel, am Ende oben zu stehen.

Seit vier Jahren sind Sie immer wieder verletzt. Da hält sich der Spaßfaktor in Grenzen.

Kehl: Es waren sehr schwierige Zeiten dabei, geprägt von Verletzungen. Das Schlimmste war, die Dinge nicht wirklich beeinflussen zu können. Das hat eine Menge Kraft gekostet, aber im Endeffekt bin ich immer wiedergekommen, das macht mich schon stolz.

Haben Sie manchmal ans Aufhören gedacht?

Kehl: Ja, es waren ja keine kleinen Verletzungen. Gerade in den Anfängen dieser Geschichten habe ich mich gefragt: Warum machst du das eigentlich? Aber diese Tage gingen schnell vorüber. Weil ich ein Typ bin, der geprägt ist vom Willen, sich wieder nach oben zu kämpfen.

Mit viel Mühe. Was haben Sie gelernt in solchen Phasen?

Kehl: Dass man nicht alles beeinflussen kann und manchmal auch die Brechstange nichts nutzt. Ich habe zwei gesunde Kinder und auch viel Glück gehabt im Leben. Auf der anderen Seite waren da immer diese Rückschläge, ich erlebe eine Karriere der Extreme.

Nun sagen viele, dass es Sebastian Kehl sehr schwer haben wird, wieder in die Mannschaft zurückzukommen.

Kehl: Im Moment machen die Jungs ihre Sache sehr, sehr gut. Deshalb sind die Rufe nach Sebastian Kehl auch nicht so laut. Aber es ist mein Anspruch, auch jetzt wieder wichtiger Bestandteil der Mannschaft zu sein. Ich bin ein Leadertyp und der Kapitän. Ich glaube, die Mannschaft freut sich, dass da wieder ein Kopf dazukommt.

Was unterscheidet die jetzige Mannschaft von der 2002?

Kehl: Man kann das nicht miteinander vergleichen. Damals hatte der Verein einen anderen Etat und eine andere Philosophie. Die Spieler kamen aus internationalen Ligen, da waren Weltklassespieler dabei, Rosicky, Koller, Amoroso, Kohler, Reuter. Damals war auch die Erwartungshaltung eine andere. Von unserem jetzigen Team konnte doch niemand erwarten.

Kevin Großkreutz hat gesagt, dass sich die Mannschaft geschworen habe, zusammen zu bleiben. Ist diese Vorstellung nicht zu romantisch für die Branche?

Kehl: Das weiß ich nicht, ich kann wirklich nicht sagen, was wird. Allerdings hat dieser Verein schon eine ganz besondere Strahlkraft. Da rennt keiner sofort davon, wenn er mal ein gutes Angebot von einem anderen Verein bekommt. Aber natürlich wird es auch bei Borussia Dortmund wieder Zeiten geben, in denen Spieler gehen und kommen.

Und Sie?

Kehl: Ein paar Jahre will ich noch spielen. Ich kann mich mit dem BVB absolut identifizieren. Er bedeutet mir eine Menge.

Wie wichtig ist Jürgen Klopp für den BVB, was macht ihn als Trainer aus?

Kehl: Seine besondere Art, mit den Spielern umzugehen, er ist akribisch und nimmt sehr viele Dinge wahr, er hat eine gute Ansprache an die Mannschaft. Sowohl in positiven, als auch in negativen Zeiten. Er hat einen Stil geprägt, der unglaublich erfolgreich ist und mit dem die Gegner bis heute nicht wirklich klarkommen.

Fühlen sie sich zurzeit eigentlich absolut gesund?

Kehl: Ich fühle mich gut und merke, wie meine Power Stück für Stück zurückkommt. Langsam kommt der alte Kehl wieder auf die Beine.