Ironman-Favorit Raelert: Drei, zwei - Sieg?
Kailua Kona (dpa) - Die Sehnsucht nach Hawaii brennt seit 18 Jahren in Andreas Raelert. 1993 hatte er eine Dokumentation im Fernsehen über den legendären Ironman auf der pazifischen Inselgruppe gesehen.
„Das hat mich so fasziniert, es hat mich fortan nicht mehr losgelassen“, erzählte der Rostocker in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Bilder damals hätten ihn überhaupt zum Triathlon gebracht.
Den Traum von Hawaii hat sich Raelert schon zweimal erfüllt. Jetzt, mit 35 Jahren, könnte er sich am 8. Oktober nach einem Höllentrip durch das Paradies zum „König von Kona“ krönen - und zur Legende werden. Er wäre der vierte Deutsche nach Thomas Hellriegel (1997), Normann Stadler (2004, 2006) und Faris Al-Sultan (2005), der sich in die Siegerliste einträgt.
Nach Platz drei 2009, dem zweiten Rang 2010 und seiner Weltbestzeit über die Langstrecke im Juli in Roth scheint alles vor dem Rennen im Distrikt Kona auf „Big Island“ für den Modellathleten zu sprechen. „Andreas ist die neue Kraft. Er wird gewinnen, ganz sicher“, hatte der Australier Chris McCormack schon im vergangenen Jahr vorhergesagt, als er in einem dramatischen Duell den Deutschen noch einmal niedergerungen hatte.
Raelert ist sich seiner Favoritenstellung bewusst. In den zahlreichen Interviews, die er seit seiner Ankunft vor einer Woche in Kailua Kona führt, hält er sich aber zurück. Er weiß, dass auf den 3,86 Kilometern Schwimmen in der Kailua Bay, den 180,2 Kilometern auf dem Rad durch die Lavafelder und den Marathon (42,195 km) auf dem Queen K Highway viel passieren kann. Die Wellen in der Bucht, die extreme Hitze bis zu 40 Grad, die wechselnden Winde, das anspruchsvolle Streckenprofil - kaum ein Rennen ist unkalkulierbarer als der nunmehr 33 Jahre alte Klassiker.
„Die Tagesform wird entscheidend sein“, sagte Raelert. „Neben mir gibt es Unzählige, die die gleichen Träume, die gleichen Ziele haben und physisch in der gleichen Verfassung sind, so dass alles am Renntag auf den Kopf ankommt.“ Das Feld sei qualitativ sehr hoch besetzt. „Da Prognosen abzugeben fällt sehr schwer, weil man zwangsläufig jeden erwähnen kann. Unter den besten 15 wird es die geringsten Zeitabstände geben, die es jemals in der Geschichte gegeben hat.“
Und dann nennt er doch noch einige Siegkandidaten aus dem Feld der 50 Profis: Da seien die Deutschen wie Jan Raphael, Timo Bracht, Faris Al-Sultan und „seine Wenigkeit“. Dazu kommen die Australier mit Craig Alexander, dem Sieger von 2008 und 2009. Auch der belgische Vorjahresdritte Marino Vanhoenacker, der eine Woche vor Raelerts Weltbestzeit in 7:45:58 Stunden zwischenzeitlich die Bestmarke aufgestellt hatte, zählt dazu.
In der Kandidatenliste fehlt Michael Raelert, der vier Jahre jüngere Bruder von Andreas Raelert. In diesem Jahr wollten die beiden als erstes Brüderpaar gemeinsam auf das Podium steigen. Doch wegen einer Verletzung musste Michael schon früh in der Saison sein Hawaii-Debüt absagen. Dennoch ist der zweimalige Weltmeister über die halb so lange 70.3-Distanz dabei - wenn auch nicht mittendrin im Rennen.
„Michael motiviert mich, baut mich auf, spricht mir Mut zu. Das ist unheimlich hilfreich“, beschreibt Andreas Raelert die Rolle seines Bruders. Im Rennen müsse man sich auf eine Person tausendprozentig verlassen können. Michael schaue ihm in die Augen und wisse, wie er sich fühle. „Er hat einen maßgeblichen Anteil an dem, was am Samstag da steht.“