Fußball-Nationalmannschaft Joachim Löw lächelt vor Frankreich-Spiel alle Kritik weg

Ein Schicksalsspiel für Bundestrainer Löw in Paris? Der gibt sich selbstbewusst und abgeklärt wie immer. Und auch Manuel Neuers Zweifel sind eher gering.

Trainer Joachim Löw redet beim Training im Stade de France mit seinen Spielern. Die Nationalmannschaft von Deutschland spielt am Dienstag im Nations-League-Spiel gegen Frankreich.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Wer Joachim Löw am Montagnachmittag im Stade de France in Paris erlebte, konnte sich kaum vorstellen, dass das heutige Spiel gegen den Weltmeister das Schicksalsspiel dieses Mannes werden könnte. Der Bundestrainer ließ bei einer Pressekonferenz keinerlei Trübsal erkennen, mit einem freundlichen Lächeln erschien er zur kurzen Fragerunde. Credo: Die Kritik halte er gut aus. Es wird heute Abend personelle Wechsel geben, mehr mochte er nicht sagen, außer: Manuel Neuer wird spielen.

Der Pariser Verkehr hatte gestern Nachmittag dem DFB-Tross und vielen Journalisten die Anreise ins Stade de France verhagelt - am Ende stand Löw gerade einmal elf Minuten für seine Antworten zur Verfügung. Löw zeigte sich selbstbewusst wie immer, dass es derzeit massive Kritik an seiner Person, seinem Personal und seiner taktischen Varianten gibt, sah er als „keinesfalls überraschend“ an. Im Gegensatz zu seinen Führungsspielern wie Mats Hummels und Toni Kroos versuchte Löw erst gar nicht, die Leistung in Amsterdam zu beschönigen. Im Gegenteil: „Natürlich war die Niederlage schmerzlich für alle, auch für mich.“ Aber so unerwartet sei das für ihn nicht gewesen. „Ich wusste, dass wir nach der WM nicht sofort wieder auf allerhöchstes Niveau kommen werden.“

Dass auch der Trainer massiv in der Kritik stehe, sei angesichts der Leistung gegen die Niederlage völlig verständlich. „Der Präsident habe ihm das Vertrauen ausgesprochen, aber das sei nicht das wichtigste vor dem Spiel gegen den Weltmeister. Löw: „Kritik muss man annehmen, ist doch klar, damit kann ich gut umgehen, aber ich kann es auch ausblenden vor solchen Spielen.“
In der Analyse habe das Trainerteam die notwendigen Schlüsse gezogen, er werde „zwei, drei wichtige Punkte verändern“, deswegen werde es taktisch und personell die eine oder andere Änderung geben.
Die angekündigte Marschrichtung entspricht der üblichen Philosophie des Trainers Löw: „Wir wollen auch gegen den Weltmeister mutig und mit Dynamik nach vorne spielen.“
Und ganz im Sinne des Motivators meinte er: „Wir haben nichts zu verlieren, können nur gewinnen“, und: „Wir müssen das wieder gutmachen, was wir gegen die Niederlande versäumt haben.“
Zu den Startbefehlen am heutigen Abend im ausverkauften Stade de France mochte sich Löw nicht äußern, der Ernst der Lage dürfte es ihm aber schwer machen, so kühne Experimente, wie den Einsatz von Mark Uth noch einmal zu wagen. Ob Jonathan Tah oder Niklas Süle den mit einer Wadenverletzung abgereisten Jeromé Boateng ersetzen werden, gilt als offen, möglicherweise kommen sie auch beide zum Einsatz. Denn die Frage, wer von seinen schwächelnden Weltmeistern sich noch einmal auf der großen Bühne des Weltfußballs bewähren sollen und können, ist spannend. Sollte er erneut den Weltmeistern die Treue halten und die ihn erneut enttäuschen, könnte es am Ende des Jahres auch für Joachim Löw die große Enttäuschung geben. Umgekehrt gilt: Eine gute Leistung heute Abend gegen den Weltmeister könnte ihm helfen, das Störfeuer zu minimieren. Dass er in diesen Tagen nicht immer gut schlafe, gestand er zu: „Ich bin ein bisschen grippekrank, in der Regel stört das den ruhigen Schlaf.“ Mit dem Druck könne er gut umgehen. Löw: „Wenn das alles war, halte ich es aus.“
Vor dem Bundestrainer kam Manuel Neuer zu seinem Auftritt vor den Journalisten: Auch er zeigte sich selbstbewusst, natürlich auch mit dem Wissen, dass ihm der Trainer am Dienstagabend erneut das Vertrauen schenken wird. Der Kapitän ließ gestern keinerlei Zweifel an seiner aktuellen Form zu, wie das zuvor Lothar Matthäus kritisch vermerkt hatte. „Grundsätzlich bin ich mit meinem Spiel zufrieden, ich bin topfit, habe keine Probleme und fühle mich gut“, sagte Neuer. Mit Blick auf den ihm angekreideten Fehler vor dem 1:0 in Amsterdam sagte er: „Im letzten Spiel sah das etwas unglücklich aus, aber es war eine richtige Schussflanke, wenn wir die Kopfballduelle gewinnen, sieht das auch anders aus.“ Neuer betonte mehrmals in ähnlichen Worten: „Ich bin in guter Form, hatte aber zuletzt nicht die Situationen, um mich groß auszuzeichnen“.
Den Vorwurf, seine Spielkameraden würden die Nicht-Leistung verharmlosen, mochte er nicht gelten lassen. „Klar, am Ende steht ein 3:0, wir haben uns für unseren Aufwand nicht belohnt. Natürlich haben wir in den letzten Minuten keine kompakte Defensivleistung mehr gezeigt, aber man hat gemerkt, dass wir die drei Punkte mitnehmen wollten. Die Einstellung das Spiel zu drehen, sei zu spüren gewesen und das sei das Positive.
Sein Ausblick auf den heutigen Abend: „Wir wissen, dass es schwer werden wird und kennen auch den Ernst der Lage.“