Karius entlastet? „Visuelle Störung“ nach Ramos-Check

Der deutsche Torwart des FC Liverpool hatte sich nach seinen Patzern im CL-Finale in den USA untersuchen lassen.

Foto: Witters

Berlin. Schock, Mitleid, Hass: Die Reaktionen auf die beiden Patzer von Liverpool-Torhüter Loris Karius bei der 1:3-Niederlage im Champions-League-Finale gegen Real Madrid waren heftig. Nach dem Spiel sah sich der 24-Jährige sogar mit Morddrohungen konfrontiert. Nun aber scheint Rehabilitation in Reichweite: Laut US-Ärzten litt Karius während des Spiels an einer Gehirnerschütterung, die eine „visuelle räumliche Störung“ verursacht haben könnte.

Karius hatte im Endspiel den Ellenbogen von Real-Spieler Sergio Ramos gegen den Kopf bekommen, unbemerkt vom Schiedsrichter. Anschließend war der Deutsche vollkommen von der Rolle: Mit einem schlampigen Abwurf schenkte er dem Franzosen Karim Benzema den Führungstreffer. Beim dritten Real-Treffer ließ er einen 35-Meter-Schuss von Gareth Bale durch die Finger flutschen.

Jetzt wurde bekannt, dass sich Karius bereits am 31. Mai, also fünf Tage nach dem Endspiel, von Ärzten in den USA untersuchen ließ. Der Liverpool-Spieler befand sich zu dieser Zeit im Urlaub in Nordamerika. Die medizinische Abteilung des Premier-League-Vereins soll die Untersuchung befürwortet haben. Das Ergebnis: Der Keeper habe deutliche Anzeichen einer Gehirnerschütterung gezeigt. Durch die Verletzung habe Karius während des Spiels möglicherweise unter einer „visuell räumlichen Störung“ gelitten, hieß es in der Mitteilung des Krankenhauses. „Es könnte sein, dass diese Defizite die Leistung beeinflusst haben.“

Auch Werner Krutsch, Experte am Fifa Medical Centre in Regensburg, hält das für wahrscheinlich. „Das ist zwar selten, aber prinzipiell möglich“, so der Mediziner. Sehstörungen, Schwindel und Konzentrationsschwäche seien mögliche Symptome. Auch die Tatsache, dass Karius die Gehirnerschütterung während der Partie nicht bemerkt habe, sei nachvollziehbar. „Der mentale und physische Druck macht es aus, dass man gewisse Schmerzen nicht spürt“, erklärte Krutsch. In einem Champions-League-Finale sei das dann schlicht eine „Maximalversion des Unglücks“.

Die Reaktionen englischer Fans auf die medizinischen Erkenntnisse fielen jedoch gespalten aus. Einige äußerten Verständnis für Karius und sehen die Schuld nun bei Real-Spieler Sergio Ramos. Einige Liverpool-Fangruppen forderten gar eine Wiederholung des Spiels. Doch nicht alle Fans gaben sich mit dem Attest zufrieden: „Ich glaube das nicht eine Sekunde lang“, schrieb ein Twitter-Nutzer. Und auch der ehemalige englische Nationalspieler Chris Sutton ging hart mit Karius ins Gericht. Im BBC-Radio kommentierte er: „Ich glaube nicht, dass er darüber hinwegkommen wird. Ich denke, es wäre besser gewesen, wenn man das alles unter Verschluss gehalten hätte.“

Die Uefa teilte unterdessen mit, keine Untersuchungen in dem Fall einzuleiten. Bleibende Schäden müsse Karius nicht befürchten, teilten die US-Ärzte mit. „Wir erwarten eine vollständige Genesung.“ Wie es für den Keeper allerdings bei Liverpool weitergeht, ist weiter offen. dpa