Klose ist der Retter in der Not

Der 36-Jährige trifft gegen Ghana für die DFB-Elf und stellt den WM-Torrekord von Ronaldo ein.

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Porto Andre. Eigentlich hatte sich Miroslav Klose den Klose-Salto schon seit längerem abgewöhnt. Klose ist 36. Zu gefährlich für einen Fußball-Oldie. Aber dann konnte er eben doch nicht an sich halten. Keine 120 Sekunden — die ersten überhaupt bei dieser WM — war er auf dem Platz gestanden, als er Deutschland im zweiten Gruppenspiel gegen Ghana den 2:2 Ausgleich bescherte.

Dieses Bild mit Miroslav Klose twitterte Rihanna. (Quelle: twitter.de)

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Kloses 70. Länderspieltreffer, sein 15. WM-Tor überhaupt. Damit hat er zum Rekord-Torschützen, Brasiliens Ronaldo, aufgeschlossen. „15 Kisten in 20 Spiel - das ist nicht schlecht“, kommentierte er in typischen Klose-Worten, was die Fußball-Welt beeindruckt.

Deutschland - Ghana 2:2 - Klose zieht mit Ronaldo gleich
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Der zweifache Weltmeister Ronaldo, bis zum Abend des Ghana-Spiels alleiniger WM-Rekordhalter, hatte vor Wochen das brasilianische Volk darum gebeten, Klose zu verhexen. Es hat nicht funktioniert, was dem Brasilianer die Chance eröffnete, sich auch jenseits seiner Karriere als großer Sportler zu präsentieren. Ronaldo hat sie mit einer Twitter-Botschaft an Klose genutzt: „Willkommen im Klub“.

Wer möchte da nicht kurz den Boden unter den Füßen verlieren. Also schwang sich der Senior, der es von der Bezirksliga in die Weltklasse geschafft hat bei seiner vierten WM-Teilnahme noch einmal zum Salto auf. Im Affekt, wie er einräumte: „Ich wollte das ja eigentlich nicht mehr machen, aber es kam einfach aus mir raus“. Was Landung und Haltungsnoten betrifft, bat er um Nachsicht: „Bin nicht mehr richtig in Übung.“

Klose hatte in den letzten Monaten allerdings auch kaum Anlass zu Freudensprüngen gehabt. Den größten Teil der vergangenen Saison verbrachte der Italien-Legionär beim Arzt und in Reha-Zentren, weshalb es in dieser Saison lediglich zu 22 Einsätzen und sieben Toren für für seinen Arbeitgeber Lazio Rom gereicht hat. Trotzdem haben die Römer den Vertrag mit Klose, der 2011 vom FC Bayern kam, um ein Jahr verlängert.

Lange war fraglich, ob es der 36-Jährige überhaupt zur WM schaffen würde. Erst im Trainingslager in Südtirol hat er sich geholt, was er für Brasilien benötigt: die Fitness. Auch wenn er über das Klima in Brasilien sagt: „Du machst zwei Sprints und suchst das Sauerstoffzelt.“ Zwei Sprints reichen bei einem Klose eben manchmal.

Das Entscheidende allerdings besaß er bereits vorher: die Unterstützung des Bundestrainers. Joachim Löw ist Klose-Fan. Löw: „Er ist einer, der gerade in wichtigen Partien auf den Punkt fit ist“. Ein Zustand, den Klose zum WM-Auftakt gegen Portugal offenbar noch nicht erreicht hatte. Löw beließ seinen Lieblingsschüler die 90 Minuten auf der Ersatzbank.

Für Klose spielte Mario Götze im Angriffszentrum. Götze, nicht so torgefährlich wie Klose, dafür ballfertiger, galt schon vor der WM als feine Alternative zum Italien-Legionär. Ein moderner Vertreter der „falschen Neun“, des spielstarken zentralen Angreifers. Löw mochte sich an solchen Diskussionen nie beteiligen, auch jetzt nicht: „Das ist für mich nicht das Thema. Wir haben Stürmer die Tore machen können.“

Götze bestätigte den Bundestrainer. Der 22-Jährige beschwor gegen Portugal den Elfmeter zur 1:0-Führung herauf und traf gegen Ghana selbst. Klose saß wieder nur auf der Bank. Mit dem 2:1 für die Afrikaner hatte sich das Blatt gewendet - zum Nachteil der deutschen Elf, aber zugunsten des 36-Jährigen. „Wenn ein Klose kurz vor seiner Einwechslung steht, macht man sich als Gegener automatisch Sorgen“, weiß Mats Hummels. Die Ghanaer waren alarmiert, aber es hat ihnen nicht geholfen. Eine Kopfball-Verlängerung von Höwedes drückte Klose mit einem Spreizschritt über die Linie. Eine einfache Klose-Übung, hundertfach erfolgreich präsentiert.

Vielleicht wäre der Ball auch so ins Netz getrudelt, sicher aber war das nicht. Auch Klose war sich nicht sicher. Also hat er vollendet, was Höwedes begonnen hat. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass Klose das Spiel am Donnerstag (18 Uhr, ZDF) wieder von der Bank aus beginnt. Dass er erst kommt, wenn Deutschland in Not ist. Teammanager Oliver Bierhoff ist sicher, dass der Senior weiter trifft und bald alleiniger WM-Torschützenkönig ist. Wenn es so weit kommt, will Klose allerdings ohne Salto feiern. Tribut an die Haltungsnoten, ein wenig auch an sein Alter.