„Älter und klüger“: Semenya träumt von Olympia-Gold

Potchefstroom (dpa) - Caster Semenya ist wieder im Rennen. Sieben Jahre nach ihrem Berliner WM-Coup verblüfft Südafrikas bekannteste Leichtathletin erneut mit Top-Zeiten - nun lockt sogar Olympia-Gold.

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Für die Sommerspiele in Rio hat sich die 800-Meter-Läuferin mit den herben Zügen schon mit etlichen starken Auftritten empfohlen. Keine Konkurrentin war in diesem Jahr über die zwei Stadionrunden schneller als die Sensations-Weltmeisterin von 2009. „Sie hat mich und sich selbst damit überrascht, wie gut es gleich zum Start gelaufen ist“, sagte ihr Trainer Jean Verster der Deutschen Presse-Agentur.

Nach harten Jahren knüpft die 25-Jährige wieder an gute alte Zeiten an. In Katars Hauptstadt Doha spulte die Südafrikanerin die zwei Stadionrunden am 6. Mai in 1:58,26 Minuten ab - so schnell war sie seit vier Jahren nicht mehr. Beim Diamond-League-Meeting in Rabat/Marokko will sie am Sonntag noch einen drauflegen.

In London holte sie 2012 Olympia-Silber, nun träumt Semenya sogar von Gold in Rio - und vom Weltrekord. „Das ist ganz sicher das Ziel. Und das Potenzial dafür hat sie bestimmt, doch bis zum August haben wir da noch eine ganze Menge Arbeit und Rennen vor uns“, meinte Verster, der Semenya im Oktober 2014 in seine Trainingsgruppe nach Potchefstroom holte. „Wir mussten erst mal unsere Hausaufgaben machen. Im Fokus stand, dass sie verletzungsfrei wird und fit, stark und wieder schnell“, erklärte der ehemalige Leichtathlet.

Frau oder Mann? Inzwischen sind in der Debatte um ihr Geschlecht die Turbulenzen abgeebbt, die ihren Goldlauf vom 19. August 2009 überschatteten. Fast mühelos ließ die damals 18-Jährige ihre Konkurrenz im Berliner WM-Finale hinter sich und gewann Gold.

Doch dann drohte ihrer Karriere ein jähes Ende, weil der Leichtathletik-Weltverband IAAF wegen Zweifeln an ihrer Sexualität ein elfmonatiges Startverbot aussprach. 2011 führte die IAAF eine Regel zum Umgang mit Sportlerinnen ein, die einen hohen männlichen Hormonwert aufweisen. Ende Juli 2015 hob der Internationale Sportgerichtshof (CAS) diesen Passus vorläufig wieder auf.

Für seinen Schützling sei die Zeit seit 2009 ein „langer Weg“ gewesen, oft standen Verletzungen besseren Zeiten im Wege. Dann erlebte das Duo bei der WM 2015 im Pekinger „Vogelnest“ eine Enttäuschung, Semenya wurde in ihrem Halbfinale durchgereicht: Letzte in 2:03,18 Minuten. Doch die Olympia-Saison läuft jetzt optimal, meinte Coach Verster. „Was die Vorbereitung betrifft, fügen sich die Dinge nun zusammen“, erklärte der 51-Jährige. „Sie blieb verletzungsfrei, sie ist jetzt älter und klüger.“

Und weiterhin schweigsam. Zu ihrem Schicksal hat sie selbst nie ein Wort verloren, ihre letzten Einträge auf Twitter oder Facebook stammen vom September 2012.

Semenya lässt lieber Taten sprechen. Die Konkurrenz ist gewarnt, schon am 16. April dürften viele gestaunt haben: Innerhalb von vier Stunden rannte Semenya bei den nationalen Meisterschaften in Stellenbosch dreimal als Siegerin ins Ziel. Erstklassige 50,74 Sekunden über 400 Meter, starke 1:58,45 über die zwei Stadionrunden - und als Zugabe erstaunliche 4:10,91 über 1500 Meter. „Ich wollte unter 4:10 laufen, aber so ist das schon okay. Die 400 und 800 Meter waren wunderbar. Ich bin glücklich mit meiner Leistung“, wurde Semenya auf der Webseite des südafrikanischen Verbandes zitiert.

Coach Verster versteht sich als „Begleiter und Assistent“ bei der physischen und mentalen Vorbereitung. Und das Wichtigste: „Ich will Caster helfen, dass sie Spaß an dem hat, was sie macht.“