Auch im Verdrängen schnell: Sprintstars und Doping

Monte Carlo (dpa) - Doping-Skandal? Welcher Doping-Skandal? Keine Woche nach den Eingeständnissen des ehemaligen Weltmeisters Tyson Gay und des einstigen Weltrekordhalters Asafa Powell gaben sich die Stars der Leichtathletik alle Mühe, um diese Affäre wieder in den Hintergrund zu drängen.

„Magische Nacht in Monaco“, titelte der Weltverband IAAF auf seiner Internetseite nach den insgesamt sieben Weltjahresbestleistungen beim spektakulären Diamond-League-Meeting.

Besonders die amerikanischen Sprinter und ehemaligen Teamkollegen von Gay waren bei der Verdrängung des Themas Doping ähnlich schnell wie auf der Bahn des Stade Louis II. Justin Gatlin gewann nach Gays Absage das 100-Meter-Rennen in starken 9,94 Sekunden und führte die US-Staffel auch noch zu einer Weltjahresbestzeit über 4 x 100 Meter (37,58). Was der selbst schon zweimal gesperrte Routinier über das Auffliegen von Gay und Powell denkt, hatte er schon am Vortag erklärt. „Ich glaube nach wie vor an diesen Sport. Das war nicht das erste Mal, dass es positive Tests gab. Das ist etwas, mit dem wir umgehen und das wir hinter uns lassen müssen“, meinte Gatlin. Gay und Powell wünsche er „nur das Beste in diesen stressigen Zeiten“.

Nach seinen beiden Rennen äußerte der 31-Jährige nur noch ähnliche Floskeln wie 100-Meter-Weltmeisterin Carmelita Jeter, die mit der US-Frauen-Staffel ebenfalls eine Weltjahresbestzeit (41,75) lief. Am Tag zuvor hatte sie die offizielle Pressekonferenz zu diesem Meeting verlassen, weil sie keine Fragen zum Thema Doping beantworten wollte. „Erst die Staffel und dann ein 100-Meter-Rennen so gelaufen zu sein, wie ich das getan habe, das zeigt: Ich bin bereit für die Weltmeisterschaften“, sagte Gatlin.

Genau drei Wochen vor Beginn der WM in Moskau zeigt gerade sein Beispiel das aktuelle Dilemma der Leichtathletik. Nach den Dopingtests von Gay und Powell sowie der verletzungsbedingten Absage von Titelverteidiger Yohan Blake aus Jamaika ist der Olympiasieger und frühere Weltrekordhalter der einzige halbwegs nennenswerte Konkurrent, der Superstar Usain Bolt über 100 Meter noch geblieben ist. Gleichzeitig läuft der permanente Doping-Verdacht bei niemandem so stetig mit wie bei dem schon 2001 und 2006 überführten Amerikaner.

Dass seit der Affäre um Gay und Powell wieder ein Generalverdacht über der Sprintszene schwebt, ist nicht nur ein diffuses Gefühl vieler Betrachter. Selbst Powells Trainer Stephen Francis sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Die Doping-Kontrolleure sind so weit hinterher. In den vergangenen zwei Jahren, beginnend mit den Vorbereitungen auf Olympia in London, gab es zwei neue Steroide, die Athleten genutzt haben und weiterhin nutzen, ohne erwischt zu werden.“

Umso größer war die Erleichterung bei Athleten und Funktionären, dass in Monaco wieder einige ausnahmslos positive Schlagzeilen geschrieben wurden. Den spektakulärsten Auftritt legte der britische 5000- und 10 000-Meter-Olympiasieger Mo Farah hin, obwohl er sein Rennen nicht einmal gewann. Der 30-Jährige probierte sich einfach mal über die ungewohnte 1500-Meter-Distanz aus und verbesserte als Zweitplatzierter in 3:28,81 Minuten gleich den 28 Jahre alten Europarekord seines Landsmanns Steve Cram (3:29,67). „Ich kann nicht glauben, wie schnell ich gelaufen bin. Wow“, meinte Farah.

Selbst der Sieger Asbel Kiprop war erstaunt. „Ich bin sehr überrascht über Mo Farah und seine Zeit. Das ist verrückt“, meinte der Weltmeister aus Kenia. Was beinahe unterging: Kiprop lief in 3:27,72 Minuten eine Weltjahresbestzeit und ist jetzt der viertschnellste 1500-Meter-Läufer der Leichtathletik-Geschichte.