Blitz-Bolt & Zorro: Zwei Sieger - zwei Welten
Oslo (dpa) - Zwei Sieger - zwei Welten: Als sich Speerwerfer Matthias de Zordo glücklich und zufrieden aus dem Bislett-Stadion von Oslo trollt, ist ein kleiner Blumenstrauß sein einziger Begleiter. Dann kommt Usain Bolt.
In Sekunden ist der schnellste Mann der Welt von Reportern umringt.
Blitzlichter zucken, die üblichen Fragen, die bekannten Antworten. Auf der Pressekonferenz geht es etwas lockerer zu. Bolt lacht oft und macht Witze, er hat ja wieder gewonnen. Im Regen und in Jahresweltbestzeit. Als schwitzende Bodyguards den Mega-Star aus dem kleinen Raum schieben, sitzt de Zordo längst im Bus.
„Der Sprint und der Wurfbereich - das sind doch in der Leichtathletik zwei Welten. Vielleicht so wie die Formel 1 und die Tourenwagen. Die Sprinter haben ihre eigene Lobby. Aber ich liebe den Speerwurf - sonst wäre ich Sprinter geworden“, erzählt der Vize-Europameister aus Saarbrücken schmunzelnd. Doch de Zordo hat das wirklich ernst gemeint, es ist seine Philosophie. Und außerdem hat „Zorro“, wie Freunde und Kollegen den Linkshänder rufen, allen Grund zum Lachen. Denn der 23-Jährige sorgt am Donnerstagabend beim Diamond-League-Meeting in Oslo für den einzigen deutschen Sieg.
Bolt, Bolt, Bolt. Den Speerwerfer de Zordo stört es nicht, wenn die Leichtathletik von vielen oft nur noch als Ein-Mann-Show wahrgenommen wird. „Er ist der Publikumsmagnet. Das Stadion war voll heute Abend. Ich wüsste nicht, ob ohne ihn so viele Leute hier wären“, erklärt der EM-Zweite, der in Oslo mit 83,94 Metern seinen zweiten Sieg hintereinander feierte. Und sich auch über die Prämie von 10 000 US-Dollar freute. „Unser Usain Bolt ist Andreas Thorkildsen“, meint de Zordo. Allerdings fehlt Norwegens Speerwurf-Olympiasieger an diesem Abend wegen einer Verletzung.
Bolt ist der Krösus. Der Olympiasieger und Weltmeister aus Jamaika hat einen Sieben-Millionen-Dollar-Vertrag mit seinem Ausrüster Puma, de Zordo bestenfalls Aussichten auf eine sechsstellige Summe. „Aber dann muss er international erst mal Gold holen, bei der WM oder Olympia. Dann sieht die Welt ganz anders aus. Denn dann kann man Matthias zumindest in Deutschland sehr gut vermarkten“, sagt sein Manager Robert Wagner. „Ohne Gold geht gar nichts. Aber ich glaube, er hat das Zeug dazu“, versichert der Österreicher.
„Blitz-Bolt“ war bei seiner Oslo-Premiere mit der schnellsten 200-Meter-Zeit der WM-Saison (19,86 Sekunden) an die Spitze der Jahresweltbestenliste gesprintet. „Ich bin stolz auf mich. Ich bin wieder da! Zu Hause muss ich jetzt hart arbeiten und mich verbessern“, meint der 24-Jährige.
Zwei weitere Weltjahresbestzeiten stellten der Kenianer Paul Koech über 3000 Meter Hindernis (8:01,83 Minuten) und die Marokkanerin Halima Hachlaf über 800 Meter (1:58,27) auf. Aus deutscher Sicht gab es vor allem Enttäuschungen: Die wegen Achillessehnen-Problemen erst spät in die Saison gestartete Europameisterin Verena Sailer lief über 100 Meter in 11,46 Sekunden auf den siebten und letzten Platz. Weitsprung-Europameister Christian Reif verpasste mit 7,71 Metern das Finale der besten Acht.