Bolt mit angezogener Handbremse auf WM-Goldkurs

Daegu (dpa) - Erst machte er Faxen, dann verstand er keinen Spaß mehr. Sprint-Superstar Usain Bolt meisterte bei der Leichtathletik-WM in Daegu den 100-Meter-Vorlauf mit angezogener Handbremse.

Schon nach gut der Hälfte der Distanz schaltete er den Turbo aus und trudelte in 10,10 Sekunden locker ins Ziel - keiner seiner Konkurrenten war schneller. „Die Zeit ist mir egal. Ich habe mich großartig gefühlt, der Start war sehr gut“, sagte der jamaikanische Titelverteidiger, der vor dem Startschuss auf der Bahn tänzelte und auf seinen neuen Bart zeigte. „Ein guter Einstieg ist immer wichtig. Ich bin glücklich, wie es gelaufen ist.“

Auch seine Teamkameraden Yohan Blake, Michael Frater und Nester Carter überstanden den ersten WM-Start problemlos. Der dreifache Europameister Christophe Lemaitre aus Frankreich gewann seinen Vorlauf in 10,14 Sekunden vor dem Amerikaner Justin Gatlin. Der Olympiasieger von 2004 meldete sich mit 10,31 Sekunden nach vierjähriger Doping-Sperre bei der WM zurück. Um den Titel bei den schnellsten Männern der Welt geht es am Sonntag.

Vor seinem WM-Auftritt gab es viele Spekulationen, „Lightning-Bolt“ könnte in Daegu eine Götterdämmerung erleben. Nach Verletzungen hatte er in diesem Jahr sichtlich Mühe, an die Form anzuknüpfen, die in ihn bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und bei der WM 2009 in Berlin drei Titel gewinnen ließ - von einer Verbesserung seiner phänomenalen Weltrekorde über 100 Meter (9,58 Sekunden) und 200 Meter (19,19) ganz zu schweigen. So musste er sich vor der WM mit 9,88 Sekunden, gelaufen im Juni in Lausanne, begnügen.

„Ich habe zweimal bewiesen, dass ich es schaffen kann“, erklärte Bolt und versicherte: „Ich bin bereit, die Titelverteidigung ist sehr wichtig für mich, weil ich eine Legende werden will.“ Den makellosen Eintrag in die Geschichtsbücher wollte ihm nach der frühzeitigen Absage des US-Sprinters Tyson Gay wegen einer Hüftverletzung vor allem sein Landsmann Asafa Powell streitig machen. Doch auch der 28-jährige Ex-Weltrekordler musste zwei Tage vor WM-Beginn passen. Eine Leistenzerrung zwang ihn zum Verzicht.

„Ich hätte eine große Chance gehabt, zu gewinnen. Ich bin down, am Boden zerstört“, sagte Powell am Samstag. Er hat nun nur noch die kleine Hoffnung, mit Bolt und Jamaikas Sprint-Staffel am WM-Schlusstag die Goldmedaille zu holen. „Ich möchte gerne laufen, aber es ist ungewiss“, sagte der zweimalige WM-Dritte.

Trotz seines Ausfalls glaubt er nicht, dass Bolt nun leichtes Spiel hat. „Es wird nicht einfach für ihn. Er ist nicht in der allerbesten Verfassung“, urteilte Powell. Vielmehr traut er seinen Landsleuten Carter, Frater und Blake zu, dem Sprint-Supermann ein Bein zu stellen. Auch der frühere US-Sprinter Maurice Greene, Olympiasieger 2000 sowie 100-Meter-Weltmeister 1997, 1999 und 2001, schloss ein Straucheln von Bolt nicht aus: „Ich denke, es wird eine Überraschung geben.“