Kommentar Das Drama der Leichtathletik

Die Kugelstoß-Asse Christina Schwanitz und David Storl sowie Stabhochspringer Raphael Holzdeppe — vor allem sie tragen die Hoffnungen der deutschen Leichtathleten bei den Weltmeisterschaften vom 22. bis 30. August in Peking. Doch Doping ist und bleibt ein Thema.

Foto: Judith Michaelis

Frank Busemann hat 1996 in Atlanta Silber im Zehnkampf gewonnen. Ein Strahlemann in der Königsdisziplin, Deutschland stand Kopf. Gestern sagte jener Busemann, seit Jahren liege ein „dunkler Schatten über der Leichtathletik“. Einen sauberen Sport gebe es nicht mehr. Und: „Wir sind seit längerer Zeit auf dem Weg, so zu werden wie der Radsport.“ Mehr beim Namen genannte Desillusion geht drei Tage vor der am Samstag in Peking beginnenden Leichtathletik-Weltmeisterschaft nicht.

Wer sich früher (ziemlich sicher zu) arglos auf den Höhepunkt 100-Meter-Finale gefreut hat, steht nun im Regen: Zu wem halten angesichts der Tatsache, dass die Schnellsten wie Tyson Gay der Asafa Powell schon längere Dopingsperren hinter sich haben? Wie US-Sprinter Justin Gatlin (USA), der jetzt noch schneller läuft als zu seinen erwiesen unerlaubt zustande gekommenen Zeiten von einst. Nach zwei Dopingsperren wird Gatlin am Sonntag dabei sein.

Wem wollen wir noch glauben? Vielleicht jenen Athleten, die sich in einer Kampagne gegen die unzureichende Anti-Doping-Politik des Weltverbands IAAF stellen. Es sind wenige Mutige. Weil sie sich benachteiligt fühlen und schutzlos dem „medizinischen“ Vorsprung und der Chuzpe ihrer Gegner ausgeliefert scheinen. Ungeschützt von einem Verband, der auf die jüngsten Enthüllungen mit unzähligen Verdachtsfällen vor allem in Russland und Kenia zuerst gegen die Rechercheure zetert. Nichts begriffen? Oder gefangen im System und dem Wunsch nach eigener Funktionärskarriere? Die Hinweise auf Betrug haben ein Ausmaß erreicht, bei dem Vorfreude auf den Sport nur noch naiv wirkt. Es ist weit gekommen.