Deutsche Meisterschaften Debakel für Christoph Harting - Bruder Robert gewinnt
Erfurt (dpa) - Jubiläumssieg für Diskuswurf-Altmeister Robert Harting, Debakel für seinen Bruder Christoph. Der Rio-Olympiasieger hat bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Erfurt überraschend einen Startplatz bei den Weltmeisterschaften in London verpasst.
Im nervenaufreibenden Finale kam der 27-Jährige vom SCC Berlin als Vierter nicht über 62,51 Meter hinaus und blieb damit deutlich unter den geforderten 65 Metern. Sein fünf Jahre älterer Bruder Robert, der Olympiasieger von 2012, feierte mit 65,65 Metern bereits seinen zehnten nationalen Titel seit 2007.
„Zu gewinnen ist immer schön. Man steht natürlich unter Stress. Ich hoffe, in den nächsten Wochen noch etwas rauszuholen“, meinte der dreimalige Weltmeister Robert Harting unter dem Beifall der 12 300 Zuschauer im schmucken Steigerwaldstadion. Als Zweiter mit 64,29 Metern sicherte der Magdeburger Martin Wierig seinen WM-Startplatz ab. Er hatte die Norm bereits erfüllt. Christoph Harting war in der nacholympischen Saison nicht über 64,13 Meter hinaus gekommen.
Für ein Highlight der Titelkämpfe sorgte Sprint-Hoffnung Gina Lückenkemper: Bereits im 100-Meter-Vorlauf legte die 20-Jährige aus Dortmund bei Windstille 11,01 Sekunden auf die nagelneue Bahn - ihren ersten Meistertitel auf der kürzeren Sprintstrecke gewann sie dann in 11,10 Sekunden. „Mit so einer Zeit habe ich wirklich nicht gerechnet“, sagte Lückenkemper nach dem Vorlauf, „ich kann doch noch rennen - man sieht's!“ Unter 11 Sekunden war als letzte deutsche Sprinterin Katrin Krabbe vor 26 Jahren geblieben.
Mäßige 20,98 Meter reichten Kugelstoßer David Storl zum siebten Titel in Serie. Auch Dreisprung-Europameister Max Heß mit ganz starken 17,24 Metern, Speerwurf-Weltmeisterin Katharina Molitor, Stabhochspringerin Lisa Ryzih, Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause, Sprint-Rekordmann Julian Reus und Lückenkemper wurden ihrer Favoritenrolle gerecht.
Reus nutzte seine letzte Chance und sicherte sich in 10,10 Sekunden seinen fünften Titel in Serie. Damit blieb der Wattenscheider aber nur 2/100 Sekunden unter der WM-Normzeit. „Es war schon hart jetzt im Finale. Aber ich bin glücklich, die 10,10 gelaufen zu sein“, meinte Deutschlands Top-Sprinter.
Storl dominierte zwar klar, doch der 26-Jährige zeigte keine Weltklasseleistung. Maßstab für die WM im August in London der US-Amerikaner Ryan Crouser mit 22,65 Metern. „Es war technisch ein bisschen schwierig. Ich wollte eigentlich über 21 Meter stoßen. Aber man muss es nehmen, wie es kommt“, sagte Serienmeister Storl vom SC DHfK Leipzig.
Molitor holte sich ihren dritten Titel nach 2010 und 2015. Vier Wochen vor der Leichtathletik-WM in London setzte sich die 33-Jährige aus Leverkusen mit 61,16 Metern durch. Titelverteidigerin Christin Hussong vom LAZ Zweibrücken wurde mit 59,54 Metern Zweite. „Meistertitel hört sich gut an, die Weite leider nicht so - da ist der Knoten noch nicht geplatzt“, sagte Molitor. Die WM-Norm (61,40 Meter) hatten Molitor und Hussong schon vor den Titelkämpfen erfüllt.
Für das WM-Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes zeichnet sich ein „Fenster von 55 bis 70 Athleten“ ab, hatte der Leitende Direktor Sport des DLV, Idriss Gonschinska, vor den 117. nationalen Titelkämpfen gesagt.