„Einfach nicht plausibel“: Zweifel an Bolt
Frankfurt/Main (dpa) - Nach dem Dopingskandal um seine Rivalen Tyson Gay und Asafa Powell wachsen nun auch die Zweifel an der Unbescholtenheit von Superstar Usain Bolt.
Der Mediziner und Doping-Experte Perikles Simon nannte die exorbitante Steigerung aller Sprint-Weltrekorde durch den Jamaikaner „einfach nicht plausibel“. Die Vorsitzende des Dopingopfer-Hilfevereins, Ines Geipel, hält die Überführung des ehemaligen Weltmeisters Gay und des früheren Weltrekordhalters Powell auch für einen „Warnschuss in Richtung von Usain Bolt. Ohne Befund zu sein, ist noch kein Wert an sich“, sagte die ehemalige DDR-Sprinterin der „Stuttgarter Zeitung“ (.
Laut Simon sei es zwar theoretisch möglich, dass die Fabelweltrekorde von Bolt über 100 Meter (9,58 Sekunden) und 200 Meter (19,19 Sekunden) auf sauberem Weg erreicht worden seien. „Man muss allerdings sagen, dass eine Bestleistung dieser Art im 100-Meter-Lauf an sehr viele Faktoren gekoppelt ist. Es gibt nicht das eine Gen, dass das macht, sondern das ist ein sehr komplexes Zusammenspiel“, erklärte der Wissenschaftler im ZDF-„Sportstudio“.
„Und wenn ein Sachverhalt so komplex ist, dann ist es häufig so, dass die Fortschritte, die erzielt werden, keine richtigen Meilensteine sind, bei denen einer plötzlich allen davonrennt. Jetzt aber ist einer davongerannt, und alle anderen liefen innerhalb kürzester Zeit fast genauso schnell hinterher. Das ist einfach nicht plausibel“, meinte Simon.
Genau wie Geipel zweifelte der Doping-Experte an, dass die positiven Proben bei Gay und Powell als Zeichen für ein verbessertes Kontrollsystem zu werten seien. Die frühere Sprinterin bezeichnete die beiden überführten Athleten als „Bauernopfer“. Simon sprach sogar von einem „Schweinezyklus des Erfolgs, der als Sieg des Systems dargestellt wird“. Beide kritisierten massiv, dass der Anti-Doping- Kampf ihrer Meinung nach völlig unterfinanziert sei und den Sportbetrügern stets hinterherhinke.
„Man muss fragen, warum wir ein Hase-und-Igel-Spiel haben“, meinte Simon. „Könnte es vielleicht sein, dass der Athlet gar nicht richtig von den Kontrollbehörden in den Fokus genommen wird? Dass die Kontrollbehörden vielleicht sogar selber versagen? Dass es gar nicht die Wissenschaftler und die Labore sind, die keine Methoden bereitstellen, sondern dass auch gar keine Gelder bereitgestellt werden, um Methoden zu entwickeln?“ Der Sport gebe pro Jahr „300 Millionen für Tests aus, die anscheinend gerade einmal das Auffälligste detektieren. Wir sollten uns lieber fragen, ob das System überhaupt funktioniert. Und ob wir nicht neue und solide Methoden entwickeln können, die die Doper entlarven.“
Der sechsfache Olympiasieger Bolt ist mittlerweile nur noch einer von zwei Sprintern auf der Liste der zehn schnellsten 100-Meter- Läufer der Leichtathletik-Geschichte, der noch nicht wegen Dopings gesperrt oder vor Gericht belastet wurde. Er selbst äußert sich öffentlich nur selten zum Thema Doping. Seinen einzigen Kommentar dazu in diesem Jahr gab er vor knapp drei Wochen im Vorfeld des Diamond-League-Meetings in Paris ab. „Ich bin sauber. Das war ich schon immer. Sie können mich jederzeit testen“, sagte der 26-Jährige.
Sein erstes Rennen nach der Dopingaffäre um Powell und Gay wird Bolt am Freitag beim Diamond-League-Meeting in London absolvieren. Am vergangenen Freitag in Monaco gewann Justin Gatlin nach der Absage von Gay das 100-Meter-Rennen in 9,94 Sekunden und führte die US-Staffel zu einer Weltjahresbestzeit über 4 x 100 Meter (37,58).
Ein permanenter Verdacht läuft bei dem Amerikaner noch mehr mit als bei Bolt, da Gatlin 2001 und 2006 wegen Dopings gesperrt wurde. „Ich glaube nach wie vor an diesen Sport. Das war nicht das erste Mal, dass es positive Tests gab. Das ist etwas, mit dem wir umgehen und das wir hinter uns lassen müssen“, sagte Gatlin in Monaco.