Erfolge, Doping, Comeback: Gatlin will Bolt schlagen

Rom (dpa) - Usain Bolt gegen Justin Gatlin, der amtierende Olympiasieger gegen den ehemaligen Olympiasieger: Das soll am Donnerstag das Highlight beim Meeting in Rom werden.

Jetzt will Gatlin auch noch den schnellsten Mann der Welt schlagen. Es gibt ja nicht mehr viel, was es in der filmreifen Karriere dieses ehemaligen Weltmeisters, Weltrekordhalters, Olympiasiegers und vor allem Dopingsünders noch nicht gegeben hat, aber ein Sieg gegen Usain Bolt soll beim Leichtathletik-Meeting in Rom unbedingt noch dazukommen.

Also sitzt Gatlin - 31 Jahre alt, rotes T-Shirt, glitzernder Ohrring, freundliches Lächeln - am Vortag im Konferenzsaal des Athletenhotels in einem römischen Villenviertel und verbreitet Zuversicht: „Meine Saison lief bislang sehr gut mit den Siegen in Doha, Peking und Eugene. Ich hoffe, dass ich das morgen auch hier fortsetzen kann. Ich will einen guten Job machen - auch gegen Usain.“

So gut wie in diesem WM-Jahr ist der Amerikaner noch nie in eine Saison gestartet, seit seine vierjährige Dopingsperre 2010 ablief. Er blieb bislang in jedem seiner 100-Meter-Rennen unter der magischen Marke von 10 Sekunden. Der römische Meetingdirektor Luigi D'Onofrio klang sehr stolz, als er am Mittwoch sagte: „Das ist das beste Rennen, was man im Moment sehen kann. Yohan Blake (Weltmeister von 2011) ist ja noch verletzt.“ Die Frage ist aber weniger, wer das Duell zwischen dem Olympiasieger von 2012 und dem Olympiasieger von 2004 am Donnerstagabend gewinnen wird. Sondern ob jemand mit Gatlins Vergangenheit bei einem solchen Meeting überhaupt starten sollte.

Diese Frage wird auch unter Athleten kontrovers diskutiert. Die deutsche Kugelstoßerin und Halleneuropameisterin Christina Schwanitz etwa forderte erst vor anderthalb Wochen noch einmal, Dopingsünder lebenslang zu sperren. „Einmal dopen - fertig“, meinte sie. Doch es gibt in Gatlins Karriere nicht nur eine lange Liste von Erfolgen, sondern auch eine noch längere mit Urteilen und Entscheidungen, die einem kompromisslosen Anti-Doping-Kampf zuwiderliefen.

2001 wurde ihm die Einnahme von Amphetaminen nachgewiesen. Eine ursprünglich zweijährige Sperre wurde jedoch auf ein Jahr reduziert, weil Gatlin anführte, nicht wissentlich gedopt zu haben, sondern seit seiner Kindheit Medikamente gegen ein Aufmerksamkeitsdefizit zu nehmen. Dieses Urteil führte auch dazu, dass der Sprinter nicht als Wiederholungstäter galt, als er 2006 erneut positiv getestet wurde - diesmal auf die verbotene Substanz Testosteron. Gatlin wurde zunächst nur für acht Jahre statt lebenslang gesperrt und erwirkte später vor Gericht selbst eine Halbierung dieser Strafe.

So feierte der Amerikaner 2010 ein Comeback und gewann zwei Jahre später bei den Olympischen Spielen die Bronzemedaille über 100 Meter. Aber selbst das wäre nicht so einfach möglich gewesen, wenn der Internationale Sportgerichtshof CAS im Frühjahr 2012 nicht entschieden hätte, dass ein lebenslanger Olympia-Bann für Dopingsünder unzulässig sei. Zu diesem Zeitpunkt hatte auch die Vereinigung der europäischen Meetings schon längst wieder einen Beschluss zurückgenommen, einmal gedopten Athleten kein Startrecht mehr zu geben. Ein solcher Beschluss war rechtlich nicht zu halten.

„Wir haben unsere Strafe verbüßt“, sagt Gatlin zu diesem Thema. „Uns weiter davon abzuhalten, unseren Sport zu machen, fände ich ungerecht.“ Und so freut er sich auf das große Rennen am Donnerstag und hofft zumindest auf seinen ersten Sieg gegen Bolt. „Ich bin in diesem Jahr näher herangekommen und habe eine bessere Strategie für diese Saison“, meinte er. „Du musst aber auch darauf vorbereitet sein, dass Usain in jedem Rennen eine Zeit von 9,5 laufen kann.“