„Ich bin sauber“: Bolt im Schatten des Dopingskandals (mit Video)
London (dpa) - Es ist fast genau ein Jahr her, dass Usain Bolt im Olympiastadion von London auf die Knie fiel und die Laufbahn küsste. 80 000 Zuschauer tobten als der Sprintstar aus Jamaika in seiner Lieblingsstadt die olympischen Goldmedaillen vier, fünf und sechs seiner Karriere gewann.
Bolt läuft am 26. Juli zum ersten Mal wieder in London. Allerdings ist sein 100-Meter-Start beim Diamond-League-Meeting im Queen Elizabeth Olympic Park auch sein erstes Rennen seit dem Doping-Skandal um seine Rivalen Asafa Powell und Tyson Gay. Entsprechend weniger enthusiastisch als noch vor einem Jahr fiel deshalb am Donnerstag der Empfang für ihn aus. Auf einmal muss sich auch Bolt bohrenden Nachfragen zum Thema Doping und einem wachsenden Misstrauen gegenüber seinen Leistungen stellen. Seine Antwort darauf: Er schiebt die Affäre um Powell und Gay so weit weg von sich, wie es nur geht.
„Das muss schlimm für die beiden gewesen sein. Ich hoffe für sie, dass sich das alles aufklärt“, sagte Bolt in seiner ersten öffentlichen Reaktion auf die positiven Tests bei dem ehemaligen Weltrekordhalter (Powell) und dem ehemaligen Weltmeister (Gay).
Für ihn selbst gelte natürlich: „Ich bin sauber. Ich bin erst vorgestern zum letzten Mal getestet worden und werde ständig getestet. Für mich ist das ganz normale Routine.“ Allen anderen Doping-Fragen wich der Jamaikaner konsequent aus.
Sind die Kontrollen in der Leichtathletik womöglich zu schwach und die Strafen für Doper zu gering? „Das kann ich nicht beurteilen“, meinte Bolt. „Doping ist ein großes Problem. Aber wie damit umzugehen ist, entscheiden andere. Die werden schon wissen, was richtig ist.“
Wie groß ist der Schaden für die Leichtathletik durch diesen Skandal? „Das wirft uns ein bisschen zurück“, räumte er ein. Aber grundsätzlich gelte: „Ich muss mich auf meine eigene Leistung konzentrieren. Ich mache mir keine Gedanken über andere Athleten. Die WM in Moskau steht bevor. Nur darauf konzentriere ich mich jetzt.“
Können Sie sich sicher sein, dass Sie nichts Verbotenes eingenommen haben, ohne es zu merken? „Man muss ganz genau aufpassen, was man isst“, sagte Bolt. „Aber ich habe ein Super-Team um mich herum. Dem vertraue ich voll. Es gibt feste Regeln, an die man sich halten muss. Nichts anderes kann man tun.“
Bolts Auftritt in London machte noch einmal deutlich: Der Weltrekordhalter und Olympiasieger über 100 und 200 Meter ist selbst kein Beschuldigter in diesem Dopingfall. Aber die Überführung seiner Rivalen trifft den Superstar der Leichtathletik zumindest indirekt. Seitdem wird immer lauter ausgesprochen, was zuvor bestenfalls gemunkelt wurde: „Als normaldenkender Athlet sage ich: Wenn man eins und eins zusammenzählt und sieht, dass viele Läufer, die langsamer als er waren, erwischt wurden, warum soll der schnellste Mann dann sauber sein?“, meinte der deutsche 100-Meter-Meister Julian Reus.
Bolt hofft darauf, dass ihm die Zuschauer am Freitag mit deutlich weniger Misstrauen begegnen. Und die Chancen darauf stehen gar nicht schlecht. „London war immer ein großartiges Meeting für mich“, sagte er. „In der Stadt leben viele Jamaikaner. Es fühlte sich immer so an, wie zu Hause zu laufen.“ Auch die Unterstützung bei den Olympischen Spielen vor einem Jahr sei „unglaublich“ gewesen. „Ich freue mich darauf, diesen Jubel am Freitag hoffentlich wiederzuhören.“